Talsperren, Staudämme und Flüsse: Der Islamische Staat (IS) kontrolliert weite Teile der Wasser-Infrastruktur im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. Fast der gesamte syrische Teil des Euphrat-Beckens liegt in seinem Einflussgebiet; seit 2014 beherrscht er auch irakische Gebiete, die von den beiden Flüssen durchzogen werden. Warum die eroberten Ressourcen strategisch so wichtig für die Terrormiliz sind, zeigt eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
Der IS setze seine Macht über das Wasser zum Beispiel gegen die Zivilbevölkerung ein, heißt es darin. Sowohl in Syrien als auch im Irak habe er wiederholt Gemeinden, Städte oder Provinzen von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten, indem Leitungen gekappt oder Wasser an Staudämmen zurückgehalten wurden. So sei es etwa im Juni 2014 in der überwiegend von Christen bewohnten Stadt Qaraqosh im Nordirak geschehen.
Auf diesem Weg wollten die Anhänger des IS ihre Macht demonstrieren, aber auch Menschen vertreiben und ihr Gebiet ausweiten. Zugleich könne der IS mit der Kontrolle über große Staudämme neue Anhänger gewinnen, schreibt der Autor der Studie, Tobias von Lossow. Das funktioniere unter anderem deshalb, weil die Machthaber in Syrien und Irak es versäumt haben, eine flächendeckende Wasser- und Energieversorgung aufzubauen. Der IS fülle eine Versorgungslücke in den Regionen, die unterversorgt oder sich selbst überlassen sind.
Wasser zu Geld machen
Rohöl ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des IS; für die Förderung und Verarbeitung braucht der IS ebenfalls große Mengen Wasser. Doch auch auf anderen Wegen mache er es zu Geld, heißt es in der Studie: Einigen Dörfern und Gemeinden sei die Wiederaufnahme ins Versorgungsnetz gegen Bezahlung angeboten worden; im syrischen Rakka zahlen Geschäftsleute Gebühren für Strom und Wasser.
Die Staudämme nutzt der IS außerdem für seine militärische Strategie, erklärt der Autor. So könnten Gebiete durch Öffnen der Dämme unter Wasser gesetzt werden, um Gegner aufzuhalten. Im Irak habe der IS wiederholt Dörfer geflutet, um die vorrückende irakische Armee aufzuhalten. Die umgekehrte Strategie sei jedoch ebenfalls wirksam: Wenige Tage, nachdem IS-Einheiten die Schleusen am Ramadi-Dam dicht gemacht hatten, sei es ihnen gelungen, den Euphrat bei Niedrigwasser zu überqueren und irakische Truppen am anderen Ufer anzugreifen.
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