In der Frage, ob Prostitution legal sein soll, stehen sich Befürworter und Gegner oft unversöhnlich gegenüber. Höchste Zeit, sagen die einen, nur so könne man der Ausbeutung und Diskriminierung von Sexarbeiterinnen ein Ende machen. Bloß nicht, entgegnen die anderen: Wenn Freier und Zuhälter freie Hand haben, öffne das dem Frauenhandel Tür und Tor.
In dieser heiklen Diskussion hat jetzt die Menschenrechtsorganisation Amnesty international klar Stellung bezogen: Auf ihrem International Council Meeting (ICM) Mitte August in Dublin hat eine Mehrheit der 400 Delegierten aus 70 Ländern beschlossen, künftig für die weltweite Legalisierung der Prostitution einzutreten – allerdings nur, soweit es sich um einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen handelt.
Die Grundsatzentscheidung gilt als umstritten; das genaue Abstimmungsergebnis teilt Amnesty nicht mit. Schon zuvor hatte die Organisation heftige Kritik von prominenten Frauenrechtlerinnen geerntet. Unterstützung hingegen kam vom globalen Netzwerk der Projekte für Sexarbeiterinnen, das seinerseits auf die Positionen diverser UN-Organisationen, der Weltbank und der globalen Allianz gegen den Frauenhandel verweist. Das tut Amnesty ebenfalls. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, drei Jahre damit gerungen sowie zahlreiche Gespräche mit Prostituierten und Sexarbeiterinnen geführt. Nun ist die internationale Führung der Organisation beauftragt, eine Politik zu dem Thema zu entwickeln.
Was bedeutet "einvernehmlich"?
Auch wenn Amnesty betont, dass es bei der Legalisierung nur um einvernehmlichen Sex gehen soll: Die Organisation hat mit ihrem Grundsatzbeschluss weder sich noch der Sache der Prostituierten einen Gefallen getan. Zum einen ist es höchst fragwürdig, wie „Einvernehmlichkeit“ definiert und dokumentiert werden soll. Jeder Freier wird darauf pochen, wenn er hoffen kann, so der Strafverfolgung zu entgehen. Und in den meisten Fällen wird er Mittel und Wege finden, seine Partnerin zur selben Äußerung zu zwingen. Damit ist dann praktisch alles erlaubt.
Zum anderen: Es steht außer Frage, dass Frauen vor Menschenrechtsverstößen geschützt werden müssen. Ob aber den Frauen, die aufgrund der Umstände ihren Lebensunterhalt mit Prostitution verdienen, besser mit einem Verbot oder mit einer Legalisierung gedient ist – das ist nicht klar und nicht für alle Gesellschaften gleich. Es hängt unter anderem von kulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen ab. Deshalb müssen praktische Wege entwickelt, erprobt und immer wieder kritisch hinterfragt werden, um Prostituierten ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu ermöglichen. Dass Amnesty mit einer globalen Kampagne, die Legalisierung zum universellen Weg erklärt, dazu beitragen kann, ist mehr als zweifelhaft.
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