Nachwirkung der Skandale

EU-Finanzpolitik
Seit langem fordern Entwicklungsorganisationen, mehr Licht in die Steuerzahlungen von Konzernen und die Verschiebung großer Vermögen zu bringen. Das EU-Parlament drängt nun ebenfalls darauf – aus Sorge um die Steuereinnahmen in Europa.

Die Aufregung über Luxemburger Steuerprivilegien für Großunternehmen, die nach den "LuxLeak"-Enthüllungen im vorigen Herbst entstanden ist, zeitigt auch Folgen für entwicklungspolitische Anliegen. Im Juli hat das EU-Parlament den Entwurf der Kommission für die Neufassung der Richtlinie zu Rechten von Anteilseignern (Shareholders‘ Rights Directive) entscheidend verschärft: Das Parlament beschloss am 8. Juli, dass börsennotierte Kapitalgesellschaften für jedes Land, in dem sie direkt oder mit von ihnen beherrschten Firmen tätig sind, über alle Zahlungen von Steuern und Abgaben berichten müssen. Das hat giftige Kommentare von Verbänden der Finanzwirtschaft und heftige Bemühungen von Lobbyisten ausgelöst. Absehbar ist ein langwieriges Tauziehen in und zwischen den EU-Instanzen, ehe diese Vorschrift wirksam werden könnte.

Schon im vergangenen Dezember hatte sich das EU-Parlament mit dem EU-Ministerrat geeinigt, die Richtlinie zu Geldwäsche deutlich zu verschärfen. Sie sieht nun vor, dass die wahren Eigentümer von Kapital- und Finanzgesellschaften in einem zentralen Register erfasst werden, das neben den Finanzämtern auch "berechtigten Interessenten" zugänglich sein soll. Die ursprüngliche Vorlage der EU-Kommission enthielt nur eine Meldepflicht der Eigentümer bei den Finanzbehörden und überließ es den Finanzministerien der EU-Länder, untereinander und vertraulich Informationen auszutauschen. Das zielte vornehmlich auf die Erfassung mafiöser Geldströme in der EU. Die verschärfte Fassung bietet nun die Möglichkeit, im Geflecht von Briefkastenfirmen, Treuhandgesellschaften und Fonds die tatsächlichen Eigner zu ermitteln – auch korrupte Politiker aus Drittsaaten. Die EU-Staaten haben zwei Jahre Zeit, die Direktive in nationales Recht umzusetzen.

TTIP könnte Transaktionssteuer verhindern

In beiden Fällen ist erkennbar, wie auch bei konservativen EU-Regierungen und Parlamentariern die Besorgnis über den Ausfall von Steuereinnahmen die Oberhand gewinnt. Damit ergibt sich eine seltene Koalition mit Vertretern entwicklungspolitischer Anliegen. Deren Forderung nach steuerlicher Transparenz von Großfirmen und Finanzinstituten hatte bisher kaum Chancen, sich durchzusetzen.

Weniger erfolgreich sind sie bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTT), die seit anderthalb Jahren im EU-Ministerrat feststeckt. Bisher sind nur elf der 28 EU-Regierungen beteiligt, und die sind sich über die Einzelheiten nicht einig. Die FTT und auch die Pflicht der Unternehmen, länderbezogene Berichte vorzulegen, wären zudem gefährdet, wenn das Abkommen über eine Handelspartnerschaft zwischen den USA und der EU (TTIP) noch in der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama zustande kommt. Denn nach den bisher festgeklopften TIPP-Regeln wären dies neue staatliche Vorschriften, die vorab von der gemeinsamen Regulierungskommission der USA und der EU behandelt werden müssten. Ob sie damit in Frage stehen würden, ist offen.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2015: Entwicklung - wohin?
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