Migrantenabwehr mit allen Mitteln

EU-Politik
Die EU-Regierungschefs haben beschlossen, die EU-Entwicklungspolitik zu verschärften Grenzkontrollen in Herkunfts- und Transitländern einzusetzen und Abschiebungen zu beschleunigen.

Es sei die schwierigste Verhandlung gewesen, die er bisher mitgemacht habe, sagte der EU-Ratspräsident Donald Tusk nach dem EU-Gipfel am 26. Juni. Das bezog sich jedoch nur auf die zwischen den EU-Regierungen strittige Frage, welches Land wie viele Flüchtlinge aufnehmen soll. Schnell einig waren sich die Regierungen hingegen, dass die EU-Entwicklungspolitik darauf auszurichten sei, Zuwanderung aus dem Süden bereits in den Herkunftsländern zu kontrollieren.

Insbesondere für die sogenannte „Rückübernahme irregulärer Migranten“ durch die Herkunfts- und Transitländer seien „alle Instrumente“ der EU einzusetzen. Dazu sollten Handelsabkommen „als Anreiz“ für Rücknahmeabkommen genutzt werden, heißt es im Gipfelbeschluss. Mit „entwicklungspolitischen Instrumenten“ solle der Aufbau lokaler Kapazitäten zur Grenzkontrolle, Schleuserbekämpfung und Wiedereingliederung verstärkt werden.

Wie das im Detail zu machen wäre, überlassen die Chefs ihren Ministern und der EU-Kommission. Entwicklungsminister Gerd Müller hatte bereits Ende Mai einen Sonderfonds vorschlagen, der aus bestehenden Geldtöpfen wie dem Europäischen Entwicklungsfonds gespeist werden könnte. Anfang Juni hatte der stellvertretende Generaldirektor der Entwicklungsabteilung der Kommission, Marcus Cornaro, eine ähnliche Überlegung angestellt und einen Treuhandfonds aus Mitteln der EU-Entwicklungspolitik und Beiträgen der Mitgliedstaaten vorgeschlagen, an dem sich zudem auch andere Institutionen beteiligen könnten. Auch dies liefe auf eine Umwidmung von Mitteln der Entwicklungspolitik hinaus, die im laufenden mittelfristigen Finanzplan festgeschrieben sind.

ConcordEurope, der Dachverband europäischer Entwicklungsorganisation, kritisiert, dass der EU-Gipfel Migration offenbar als Aufgabe der Sicherheitspolitik sehe. Brüssel sollte stattdessen in eine Entwicklungspolitik investieren, die in den Herkunftsländern würdige Arbeit und soziale Sicherheit fördert, damit Auswanderung nicht zur Notwendigkeit werde.

Ätzende Kritik an den EU-Regierungen und dem Ministerrat kam vom langjährigen Chef der für Entwicklung zuständigen Generaldirektion in der Kommission, Dieter Frisch. Flucht vor Armut und Konflikten sei eine Folge ausbleibender Entwicklung. Dennoch seien in den letzten Jahren ständig mehr der knappen Mittel für eine Entwicklungspolitik, die dem vorbeugen solle, für die Sicherheitspolitik und die Bewältigung von Konfliktfolgen abgezweigt worden. Die zuerst 2003 als „vorläufig“ dem Europäischen Entwicklungsfonds entnommenen Mittel zur Ausstattung von Truppen der Afrikanischen Union etwa hätten sich bis heute auf zwei Milliarden Euro fast verzehnfacht – Geld, das nun nicht mehr für Entwicklungsaufgaben verfügbar sei.

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erschienen in Ausgabe 8 / 2015: Demokratie: Die bessere Wahl
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