Kakao ohne bitteren Nachgeschmack

Das Bistum Aachen und die evangelischen Kirchenkreise Aachen und Jülich machen sich für fair gehandelte Schokolade stark. Bis Herbst 2010 wollen sie Verbraucher, Organisationen, Gemeinden und Schulen aufklären, unter welchen Bedingungen Kakao produziert wird und welche Alternativen es gibt. Hauptziel der Aktion ist eine in Aachen hergestellte „faire“ Schokolade.

Aachen ist mit den Unternehmen Lindt, Lambertz und Zentis ein wichtiges Zentrum der deutschen Schokoladenproduktion. In der Region stellen auch Mars und De Beukelaer Süßigkeiten aus Schokolade her. Außerdem entsteht im Kreis Heinsberg bei Aachen derzeit eine Anlage zur Herstellung von „No Name“-Schokolade für Discounter. Schokoladen-Produkte aus fairer Herstellung sind aber Mangelware.

Im Auftrag der beiden Kirchen hat das Institut Südwind deshalb im Herbst 2009 eine Studie über die Produktionsbedingungen von Kakao vorgelegt. Untersucht wurde die Situation von Kakaobauern in Ghana, der Elfenbeinküste, Indonesien und Ecuador. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass stark schwankende und langfristig sinkende Weltmarktpreise für Kakao den Kleinbauern kaum die Chance lassen, Armut und Unterentwicklung zu überwinden. Um zu überleben, setzen sie auch Kinder als Arbeitskräfte ein, deren Gesundheit bei der harten Arbeit in den Kakaoplantagen gefährdet wird.

Gespräche mit den Herstellern sollen vertieft werden

„Wir haben mit der Studie und unserer Schokoladenaktion größere Resonanz erzielt als erwartet“, sagt Thomas Hoogen, der Koordinator der Kampagne vom Referat Weltkirche im Bistum Aachen. „Mit einem kleinen Aachener Hersteller verhandeln wir jetzt über die Produktion eines fairen Schokoriegels, der bundesweit vertrieben werden soll. Große Unternehmen wie Zentis oder Lindt haben aber bisher zurückhaltend reagiert.“ Außerdem seien Kontakte zu den Betriebsräten großer Hersteller entstanden. Im November sollen die Gespräche mit den Herstellern auf einem Symposium vertieft werden.

Die Schokoladen-Industrie steht unter Druck, weil die sozialen und ökologischen Bedingungen beim Kakaoanbau nach ersten Berichten 2001 immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Das gilt vor allem für Westafrika, wo 60 Prozent der Weltproduktion entsteht. Allein in der Elfenbeinküste sollen mehr als 600.000 Kinder zum Teil unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten oder aus Nachbarländern als Arbeitskräfte auf die Kakaoplantagen verkauft worden sein. Seit die Missstände bekannt sind, bemühen sich einzelne Hersteller, die Arbeitsbedingungen der Kakaobauern zu verbessern. Die International Cocoa Initiative sowie Programme der World Cocoa Foundation und der Gates Foundation zielen darauf ab, die Ernteerträge der Bauern zu steigern und die Qualität der Bohnen zu verbessern. Kritiker sehen die Gefahr, dass der Kakaopreis dann wegen des wachsenden Angebots weiter fällt, was die Situation der Bauern weiter verschärfen würde.

Der faire Handel bietet den Kakaobauern dagegen einen Mindestpreis, der ein menschenwürdiges Leben ermöglichen soll. Die Geschäftsbeziehungen bestehen in der Regel direkt zwischen den Organisationen des fairen Handels und den Bauern, ohne Zwischenhandel. Bis jetzt liegt der Anteil fair gehandelter Schokolade in Deutschland bei einem Prozent der insgesamt konsumierten Schoko-Süßigkeiten. Insgesamt erzielten Schokoladenprodukte in Deutschland, dem zweitgrößten Kakaoimporteur hinter den USA, 2008 einen Umsatz von 6,5 Milliarden Euro. Jeder Deutsche gab im Durchschnitt 52 Euro für Kakaoprodukte aus. In Großbritannien produziert der Cadbury-Konzern seit 2009 seinen beliebtesten Schokoriegel aus fair gehandeltem Kakao. Seitdem stieg der Anteil fair gehandelter Schokolade dort auf 15 Prozent. In Deutschland ist es bis dahin noch ein weiter Weg.

 

erschienen in Ausgabe 5 / 2010: Menschenrechte - Für ein Leben in Würde
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