Der Politologe Lothar Brock, Gastprofessor an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, stellte bei der Diskussionsveranstaltung eine düstere Diagnose: Die Situation auf dem Parkett der internationalen Politik sei verfahren, die Staatengemeinschaft drifte auseinander. Brock stellte „tektonische Verschiebungen in der Weltpolitik“ fest. Diese zeigen sich unter anderem in der Ukraine-Krise.
Das Fatale: Die meisten Staaten schotten sich ab und reagieren mit Militär und Polizei auf die neuen Herausforderungen. Dass die EU-Staaten lieber auf Schlepperboote schießen wollen, als legale Fluchtwege für afrikanische Migranten zu öffnen, unterstreicht diese These.
Was ist zu tun? Brock schraubte die Erwartungen herunter: Es gehe im Moment nicht darum, globale Probleme wie den Klimawandel anzupacken. Zunächst müssten Möglichkeiten geschaffen werden, um international zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.
Als geeigneten Ort dafür sieht Brock die Verhandlungen über die geplanten Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen – und zwar weniger die Ziele als solche, sondern die Art, wie sie zustande gekommen sind. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern, den Millenniumsentwicklungszielen, werden sie nicht von den Industrienationen vorgegeben, sondern von Regierungen, Zivilgesellschaft und Wissenschaftlern gemeinsam erarbeitet und diskutiert.
Und sie sollen für alle Länder gleichermaßen gelten. Das bedeutet zunächst, dass alle Akteure versuchen, ihre eigenen Interessen zu platzieren – es kann aber auch, und darauf hofft Brock, dazu führen, dass die Staaten über ihren eigenen Schatten springen und eine „kollektive Problemsicht“ entwickeln.
Ob das eintreten wird, ist ungewiss und so spricht Brock nicht von einer Lösung, sondern von einem „Hoffnungsschimmer“. Auf erste regionale Erfolge der internationalen Verhandlungen verweist hingegen Wolfgang Heinrich von Brot für die Welt. So machten sich zivilgesellschaftliche Organisationen in Liberia derzeit Gedanken über ihre Sicht auf die Nachhaltigkeitsagenda. Sie konnten die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf dazu bringen, eine Plattform für den nationalen Dialog zu gründen. Seither muss sie ihre Position in den internationalen Verhandlungen hier legitimieren.
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