Brüssel rüstet auf

Im Anlauf zum EU-Gipfel im Juni zum Thema Sicherheit und Verteidigung legt die EU-Kommission Konzepte vor, die klarstellen: In Brüssel sieht man die Welt zunehmend als Hort von Gefahren, gegen die es sich zu verteidigen gilt.

Das Strategiepapier, das die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Entwicklungskommissar Neven Mimica Ende April gemeinsam vorstellt haben, gibt Auskunft darüber, wie Brüssel seine Partnerländer und regionale Organisationen unterstützen will, um sicherheitspolitische Krisen abzuwenden. Es gelte, den Aufbau entsprechender Kapazitäten der Partner zu fördern; vor allem müssten bestehende Instrumente der Sicherheits- und Entwicklungspolitik der EU und ihrer Mitgliedsländer besser genutzt werden.

So müssten Unzulänglichkeiten der sogenannten Friedensfazilität für Afrika behoben werden, mit der Brüssel militärische Einsätze der Afrikanischen Union finanziert. Das Papier plädiert dafür, eine neue Einrichtung zu schaffen, die Entwicklungsaufgaben mit Sicherheitspolitik  verknüpft. Zudem soll ein weiterer neuer Aufgabenbereich eingerichtet werden mit dem Ziel, die Partnerländer in die Lage zu versetzen, jeweils selbst für Sicherheit innerhalb ihrer Grenzen zu sorgen. Bei der von der EU geförderten Ausbildung von Polizei und Streitkräften habe sich gezeigt, dass der Mangel an Grundausstattung wie Kommunikationsmitteln die Wirkung eingeschränkt habe, erklärt die Kommission.

Die EU versteht Außenpolitik vor allem als Sicherheitspolitik

Natürlich sollten keine Waffen und Rüstungsgüter geliefert werden. Allerdings werden in dem Papier wenig handfeste Beispiele dafür genannt, wie die ausgemachten Schwächen der bisherigen Vorhaben und Verfahren zu beheben wären. Die Kommission nennt den Mangel an Rettungswagen, und sie weist darauf hin, dass Einsatztruppen aus Ländern der Afrikanischen Union für ihr Kantinenessen auf lokalen Märkten einkaufen müssten und so den Lebensmittelmangel in Konfliktgebieten zusätzlich verschärfen. All das lässt jedoch nicht erkennen, wie sich die Kommission die von ihr angemahnte engere Abstimmung zwischen Sicherheits- und Entwicklungspolitik vorstellt.

Die Mitteilung ist als Beitrag für den EU-Gipfel am 25. und 26. Juni gedacht, der sich mit der gesamten Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU befassen wird. Dazu hat die Kommission am 8. Mai ein umfassendes Konzept vorgelegt. Das Papier ist radikal in seinem Anspruch, die Außenpolitik der EU ebenso wie die der EU-Staaten auf das Ziel Sicherheit auszurichten.

So soll die Sparpolitik nicht für Rüstungsausgaben gelten: Die müssten vielmehr deutlich erhöht und über den Erlass der Mehrwertsteuer für Waffen und für zivil wie militärisch nutzbare Güter gefördert werden. EU-Programme für Forschung und Entwicklung sollten stärker „innovative Dual-Use-Projekte“ fördern. Dabei liegt der Anteil solcher Vorhaben schon jetzt bei einem Drittel der gesamten Fördermittel. Und die Europäische Verteidigungsagentur (EDA), eine Einrichtung der EU-Verteidigungsministerien und Rüstungsfirmen, deren Chefin amtshalber die EU-Außenbeauftragte Mogherini ist, vergütet direkt einen exklusiven Club von EU-Militärs und Firmen für die Entwicklung von Drohnen und Überwachungstechnologien.

Auf mehr als zehn Prozent der gesamten außenpolitischen Ausgaben der EU, einschließlich der des EU-Entwicklungsfonds, sind von 2014 bis 2020 Posten für sicherheitsrelevante Aktivitäten angesetzt. Aber die Kosten allein sind nicht das Wichtigste: Es geht um den „umfassenden Ansatz der EU in Bezug auf externe Konflikte“, auf den alle Politikbereiche der EU „kohärent“ ausgerichtet sein müssten, wie es in dem Konzept der Kommission heißt.

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erschienen in Ausgabe 6 / 2015: Indien: Großmacht im Wartestand
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