(5.05.2015) Die indische Regierung hat fast 9.000 zivilgesellschaftlichen Organisationen (NGOs), die Geld aus dem Ausland erhalten haben, die Lizenz entzogen. Aktivisten vermuten politisches Kalkül.
Das Innenministerium hatte vergangenen Oktober rund 10.000 Organisationen dazu aufgefordert, ihre Finanzberichte für die Jahre 2009 bis 2012 vorzulegen. Dem seien die meisten jedoch nicht nachgekommen, heißt es zur Begründung des Schritts. Davon betroffen sind Medienberichten zufolge auch einige christliche Organisationen. Deutschen Hilfswerken liegen dagegen derzeit keine Hinweise vor, dass indische Partner beteiligt sind.
Vertreter lokaler NGOs sehen in dem Schritt eine Fortsetzung der repressiven Politik der Regierung gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die Regierung wolle damit den angeblichen Anti-Wachstums-Kurs von aus dem Ausland geförderten NGOs stoppen.
Bereits Anfang April wurden Konten des indischen Ablegers von Greenpeace eingefroren. Vorerst darf die Organisation keine Spenden mehr aus dem Ausland annehmen. Greenpace India wirft der Regierung vor, kritische Stimmen ruhig stellen zu wollen. Man werde aber weiterhin „furchtlos“ Missstände anprangern. Die Organisation wird nach eigenen Angaben bis zu 70 Prozent durch einheimische Spenden finanziert.
Mehr als zwei Millionen NGOs in Indien
Insgesamt sind in Indien laut Schätzungen mehr als zwei Millionen gemeinnützige Organisationen aktiv, ein Großteil wird von lokalen Gemeinschaften gefördert. Offiziell erhalten weniger als 40.000 NGOs Geld aus dem Ausland.
Unter verschärfter Beobachtung sehen seit Anfang des Jahres auch mehrere internationale Organisationen, die künftig Geldtransfers in Indien von der Regierung genehmigen lassen müssen. Darunter sind die US-amerikanische Ford-Stiftung, das Dänische Menschenrechtsinstitut sowie die internationale Umweltorganisationen 350.org.
Bereits im Vorjahr hatten indische Medien über eine rote Liste des Geheimdienstes berichtet, auf der ausländische Hilfswerke geführt würden, darunter auch einige deutsche Organisationen. Ihnen wurde vorgeworfen, die Verwendung von Spenden zu verschleiern und Aktionen gegen Industrieprojekte zu finanzieren und dadurch das Wirtschaftswachstum Indiens um zwei bis drei Prozentpunkte zu schwächen
Seit einer Gesetzesänderung 2010 kann die indische Regierung die Bankkonten von Organisationen sperren, wenn diese dem „öffentlichen Interesse“ schaden. 2012 traf das unter anderem einen Verband von Atomkraftgegnern, Menschenrechtlern und Gentechnikkritikern, der unter dem Dach einer Partnerorganisation von Brot für die Welt zusammengeschlossen ist. Vor allem Menschenrechts- und Umweltorganisationen fürchten, dass die neue Regierung unter Narendra Modi diesen Kurs noch verschärfen wird. (sdr)
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