Keine Frage: Der deutsche Schlager wird noch immer grob unterschätzt. Zum Beispiel der letzte große Erfolg von Roy Black, in dem er mit dem Kinderstar Anita die unvergesslichen Zeilen vortrug: „Schön ist es auf der Welt zu sein, sagt die Biene zu dem Stachelschwein.“ Eine ganze Theologie der Schönheit hat Hannovers Bischof Ralf Meister darin entdeckt: „Ein Stückchen Schöpfungsfreude und eine Lust, Mensch zu sein, eine Dankbarkeit über die Natur und sogar noch die wunderbare Geste der Freiheit und die Würde der Tiere werden benannt“, schwärmte er jüngst.
Um die Tiefe dieser Verse zu würdigen, war ich wohl zu jung, als das Lied damals mehrmals täglich aus dem elterlichen Radio schallte. Wer schon ein echter Teenie war, der sympathisierte wohl gar mit dem Intendanten des österreichischen Rundfunks, Gerd Bacher: Der verlangte 1968 in seinem berühmten Schnulzenerlass, im Allroundprogramm Ö3 weniger „germanische Schwachsinnige“ abzuspielen und mehr internationalen Pop.
Doch nun ist es Zeit, sich vom Kulturkampf der Vergangenheit zu lösen und einen neuen Blick auf deutsche Schlager zu werfen. Ralf Meister hat zutage gefördert, wie ein populäres Lied die Achtung vor der Schöpfung verkündet. Nun gilt es zu prüfen, ob es – falls die Erben des Sängers auf Tantiemen verzichten – ins Evangelische Gesangbuch aufgenommen werden kann. Das wäre umso wichtiger, als laut einer aktuellen Studie nur acht Prozent der Deutschen beim Begriff „Nachhaltigkeit“ an Umwelt- und Naturschutz denken. Die deutsche Wissenschaft hat doch so viel dazu zu sagen, klagte der Leiter des „Wissenschaftsjahrs 2012 – Zukunftsprojekt Erde“. Aber möchte man nicht, statt Abhandlungen über die Dimensionen der Nachhaltigkeit zu studieren, die Liebe zur Natur lieber von Roy Black vorgeträllert bekommen?
Neuen Kommentar hinzufügen