Einen wichtigen Faktor für die Berechnung hatte die Kommission in ihrer Vorlage für die Umweltminister nämlich nur am Rande behandelt: die Menge an Kohlendioxid, die von Landflächen und Wäldern aufgenommen wird – und zwar sowohl in den EU-Ländern selbst als auch in anderen Ländern, in denen Investoren aus Europa in Land- und Waldschutz investieren und damit Emissionsrechte erwerben, die sie in den EU-Zertifikatehandel einbringen können. Nach den Vorstellungen der Kommission müsste es hier eine einheitliche Regelung geben. Dann allerdings müssten einige EU-Länder, darunter Deutschland, Finnland, Irland und Polen, ihre Methoden zur Berechnung ändern. Dürfen sie hingegen wie bisher die Wirkung von Land- und Waldschutz selbst berechnen, dann könnte sich das Reduktionsziel der EU de facto um fünf Prozentpunkte auf 35 Prozent reduzieren.
Deshalb hatte der derzeit lettische Vorsitz im Ministerrat dazu einen anderen Text vorbereitet, der sich mit der Sicht der Kommission nicht verträgt. Auf der Ratstagung der Umweltminister am 6.März wurde das Problem auf später verschoben: Ein „umfassender Berechnungsrahmen“ soll an die Vereinten Nationen nachgereicht werden, sobald sich die EU-Instanzen über einen neuen Vorschlag einig geworden sind.
Vieles hängt von der Reform des Emissionshandels ab
Zwischen Parlament und Kommission einerseits und dem Ministerrat andererseits wiederum ist noch nicht ausgehandelt, wie das Europäische Emissionshandelssystem reformiert werden soll. Das Parlament hat am 24. Februar zwar einem Kompromiss zugestimmt, der den Preisverfall für Emissionsrechte wenigstens bis 2020 auffangen soll. Doch das vertagt nur die Lösung des strukturellen Problems, dass es einen großen Überhang an ausgegebenen, aber nicht benötigten Emissionszertifikaten gibt, die den Preis drücken. Nach Berechnungen der Klimaschutzinitiative Carbon Watch könnte dieser Überhang das Reduktionsziel der EU von den deklarierten 40 Prozent de facto auf 26 Prozent oder sogar noch weniger reduzieren. Dennoch sind der Ministerrat und die Kommission sich einig, dass der europäische Emissionshandel in Paris als das Flaggschiff der marktgerechten Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels angepriesen und möglichst auf andere Weltregionen ausgedehnt werden soll.
Auf Zustimmung bei Klimaschützern trifft die Ankündigung der Umweltminister, dass die EU ihr Reduktionsziel in Eigenleistung erreichen will, also ohne zusätzliche Emissionszertifikate, die von außen in den europäischen Handel kommen, etwa aus Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern oder aus Handelssystemen anderer Länder wie der Schweiz, die nicht zur EU gehören. Allerdings haben einige EU-Mitglieder gegen diesen Punkt noch Vorbehalte.
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