Die Wüste wird grün

Degradation
Mit traditionellen Methoden ist es in Burkina Faso gelungen, die Degradation der Böden zu stoppen. Eine Fläche so groß wie das Saarland wurde wieder nutzbar gemacht

Der Druck auf Land und natürliche Ressourcen steigt in Zeiten des Klimawandels. Es wird deshalb immer wichtiger, sparsam mit Wasserreserven umzugehen und Nährstoffe im Boden zu erhalten. Die Bauern in der Region Plateau Central in Burkina Faso wissen das nur allzu gut. Seit Jahrzehnten erleben sie zunehmend heftigere Dürreperioden; die Wüste dringt vor. Bauern und ihre Familien sind gefährdet, weil die regionalen Niederschläge unberechenbarer werden. Zugleich müssen für die wachsende Bevölkerung mehr Nahrungsmittel produziert werden. Ein Verantwortlicher für Ernährungssicherheit vor Ort sagte es so: „Früher haben wir uns an den Bäumen orientiert, um Regenfälle vorherzusagen. Würden wir uns heute nach den Bäumen richten, wären wir völlig orientierungslos.“

Zwischen den 1960er und 1980er Jahren war Burkina Faso ein abschreckendes Beispiel dafür, welchen Schaden eine wenig nachhaltige Landwirtschaft anrichten kann. Einst fruchtbare Landstriche verwandelten sich infolge von Überweidung und intensiver Landwirtschaft in Wüsten. Die Folgen wurden während einer anhaltenden Dürre zwischen dem Ende der 1970er und der Mitte der 1980er Jahre besonders augenscheinlich: Unzählige Menschen hungerten oder wanderten aus, viele kamen ums Leben. Es wurde klar, dass dagegen etwas getan werden muss.

In der jüngeren Vergangenheit wurden mit einfachen, aber wirksamen landwirtschaftlichen Techniken weite Teile Burkina Fasos wieder begrünt. Zwischen 1989 und 2004 wurden etwa 200.000 bis 300.000 Hektar degradierter Böden wieder nutzbar gemacht – eine Fläche so groß wie das Saarland. Die Bauern erzeugten 80.000 Tonnen Lebensmittel pro Jahr zusätzlich; das verbesserte die  Ernährungssicherheit von etwa einer halben Million Menschen. Das Besondere daran ist, dass dieser Erfolg in einer Gegend möglich war, wo unter extrem anspruchsvollen klimatischen Gegebenheiten Landwirtschaft betrieben wird, und dass einige der ärmsten Bauern der Welt maßgeblich daran beteiligt waren.

Saat des Erfolgs

Drei alte, an die Bedingungen in der Region Plateau Central angepasste Anbaumethoden haben dazu beigetragen, dass Bauern in der Region bereits verloren geglaubtes Land heute wieder nutzen können:

Za ...

Vom Fortschritt in Burkina Faso können auch andere Länder etwas lernen. Die Methoden der Kleinbauern in Plateau Central zeigen, dass Wasser und Boden auch unter widrigsten Umständen geschützt werden können. Das wird angesichts zunehmend unberechenbarer Niederschläge und der fortschreitenden Desertifikation infolge des Klimawandels immer wichtiger.

Drei Faktoren waren für den Erfolg verantwortlich. Erstens, die Bauern selbst haben diese Anbautechniken über Generationen entwickelt und das vor Ort vorhandene Wissen über angemessene und wirksame Methoden genutzt. Zweitens wurden Informationen über diese Methoden über bestehende Netzwerke in den Gemeinwesen verbreitet. Daran beteiligt waren Organisationen der Zivilgesellschaft, internationale Hilfsorganisationen und Agrarfachkräfte, die im Auftrag der Regierung als Berater tätig waren. Drittens wurde es den Bauern erleichtert, die verbesserten Techniken zu übernehmen, indem sie finanzielle Hilfen etwa für anfängliche Bauarbeiten und Anlaufkosten bekamen.

Vielleicht der wichtigste Faktor aber waren die Techniken selbst: Zaï, Steinwälle, und „demi-lunes“ – Halbmonde (siehe Kasten). Sie sind Weiterentwicklungen von traditionellen Anbaumethoden aus der Region und wurden unter Beteiligung von Gemeinwesen und Bauernvertretern vor Ort entworfen. Damit stehen sie im Gegensatz zu Vorgängerprojekten, die aus unterschiedlichen fremden Kontexten importiert wurden und „von oben“ eingeführt werden sollten. Das ging meistens schief.

Dank starker sozialer Netzwerke in den Dörfern konnten die neuen Techniken schnell verbreitet werden. Ärmere Bauern wurden von Gebern und Hilfswerken dabei unterstützt, sie anzuwenden. Burkina Faso hat eines der aktivsten und vielfältigsten zivilgesellschaftlichen Netzwerke in Afrika südlich der Sahara. Gruppen wie der Nationale Bauernverband (National Federation of Farmers‘ Groups, FNGN) und nichtstaatliche Organisationen haben Informationen über verbesserte Anbaumethoden, Vermarktung und Zugang zu Krediten weitergegeben.  Diese Organisationen helfen den Bauern, sich an veränderte Klimabedingungen anzupassen. Und sie ermutigen sie zur Zusammenarbeit, um Aufgaben zu meistern, die für den einzelnen zu groß wären.###Seite2###

Information und Aufklärung allein reichten allerdings nicht immer aus. Die meisten Bauern benötigen weitere Anreize, um die verbesserten Anbaumethoden  anzunehmen. Die Hemmschwellen bei ärmeren Bauern in Plateau Central waren unter anderem fehlende Betriebsmittel wie Dünger, die möglicherweise teuer oder knapp sind, aber auch die beträchtlichen Arbeitskosten für den Bau von Steinwällen, Zaïs und Halbmonden sowie für Schutzmaßnahmen gegen Überweidung und Erosion. Eine großflächige Übernahme dieser Techniken war nur möglich, weil staatliche und nichtstaatliche Entwicklungsorganisationen Hilfe leisteten.

Mehr Geld ist nötig, um Kleinbauern bei der Übernahme verbesserter, nachhaltiger Methoden zu unterstützen, und die verfügbaren Mittel müssen zielgerichtet eingesetzt werden. Die Beteiligten – von den Bauern bis hin zu großen internationalen Gebern – haben sich zuweilen zu wenig untereinander abgestimmt. Mehr strategische Planung und Koordination hätten die Wirkung deutlich steigern können. Würden sich die Geber untereinander abstimmen, könnten Projekte miteinander verknüpft werden und für die Gemeinschaft mehr Früchte tragen. Man könnte von erfolgreichen Maßnahmen andernorts lernen und Doppelarbeit vermeiden.

Die Anbaumethoden sind ökologisch gesehen effizient, sie können aber noch verbessert werden, damit insbesondere sehr arme Bauern sie leichter anwenden können. Ärmere Haushalte haben kaum Zugang zu Eselskarren oder Lastwagen, die nötig sind, um das Material für den Bau von Steinwällen zu transportieren. Innovationen mit geringeren Transportanforderungen würden ihnen helfen, diese Techniken zu übernehmen. Darüber hinaus ist die vermehrte Produktion von Biomasse und Kompost wichtig, um die landwirtschaftlichen Erträge zu steigern. Innovationen bei organischen Düngemitteln sind unerlässlich, um bei der Übernahme nachhaltiger landwirtschaftlicher Methoden landesweit Fortschritte zu machen.

Die nächste große Hürde besteht darin, das Land in die Lage zu versetzen, nicht nur die Krise abzumildern, sondern die Ernährungssicherheit der Bevölkerung langfristig zu verbessern. Wachstumsstörungen bei Kindern (Stunting) gelten als langfristiger Indikator für Unter- und Mangelernährung; in Burkina Faso haben sich die Werte kaum verbessert. Es muss deutlich mehr getan werden, um in dem Land eine angemessene Versorgung mit nahrhaften Lebensmitteln sicherzustellen. Die Lücke zwischen den höheren Ernteerträgen einerseits und der unzureichenden Ernährungssicherheit zeigt, dass die besseren Anbautechniken stärker wirken könnten, wenn Verteilung und Vermarktung verbessert würden.

Autorin

Amanda Lenhardt

ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Overseas Development Institute in London.
Internationale Organisationen sind sehr an der Entwicklung nachhaltiger Anbaumethoden und der Rückgewinnung von Land interessiert, auch wenn zunächst die Länder selbst verantwortlich sind, nicht nachhaltige landwirtschaftliche Techniken zu ändern. Doch in manchen Ökosystemen ist es schwierig, ohne Geld und technische Unterstützung aus dem Ausland Fortschritte zu machen. Hinzu kommt, dass die Rückgewinnung von Ackerland und der Schutz von Wasserressourcen und Böden für die Lebensmittelproduktion ein globales Anliegen ist; die Vorteile einer nachhaltigen Landwirtschaft können als globales öffentliches Gut betrachtet werden. Darüber hinaus sollte die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft Teil jeder Strategie zur Armutsbekämpfung sein, da die Mehrzahl der ärmsten Haushalte weltweit zumindest teilweise von der Landwirtschaft abhängt und viele von ihnen kleine Felder in Randlagen bearbeiten.

Neue Chancen könnten sich aus neuen Finanzmitteln für den Klimaschutz und zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels ergeben. Doch die damit verbundenen hohen Transaktionskosten und der potenzielle Konflikt zwischen Klimaschutz und Entwicklungszielen haben bislang verhindert, dass diese Mittel Wirkung entfalten. Diese Probleme müssen angegangen werden, denn funktionierende Ansätze zur Finanzierung des Klimaschutzes könnten für diejenigen, die an vorderster Front gegen den Klimawandel kämpfen, großen Nutzen bringen.

Aus dem Englischen von Barbara Kochhan

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erschienen in Ausgabe 12 / 2014: Früchte des Bodens
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