(4.1.2014) Vertreter des Evangelischen Missionswerk warnen vor einer existientiellen Bedrohung der Christen im Nahen Osten. Der Konflikt drohe auch auf weitere Länder wie den Libanon überzugreifen.
Es sind drastische Worte, mit denen der leitende Pfarrer der Nationalen Evangelischen Kirche in Beirut, Habib Badr, die Situation der Christen im Nahen Osten beschreibt: Der Terror des Islamistischen Staats und der Bürgerkrieg in Syrien könnte zur Vernichtung ganzer christlicher Gemeinschaften und historischer Zentren christlicher Kultur in der Region führen, warnte er am Dienstag in Frankfurt. Angesichts der Vertreibungen und Morde appellierte der stellvertretende Missionsratsvorsitzende der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS) an die Solidarität der internationalen Gemeinschaft.
Badr warnte zudem vor Angriffen des IS auf Jordanien und den Libanon: „Die Terroristen wollen beide Länder ihrem Kalifat unterwerfen“. In den vergangenen Wochen kam es vermehrt zu Angriffen radikaler Islamisten, im August hatten Dschihadisten aus Syrien die Grenzstadt Arsal überrannt und mehr als 20 Polizisten und Soldaten gefangen genommen. Badr berichtete auch von Übergriffen auf Kirchen im Libanon. Die Christen im Land seien deshalb stark verunsichert. Auch wachse die Sorge von einem Bürgerkrieg im Libanon: Erst am vergangenen Wochenende wurden bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und sunnitischen Extremisten in einem Stadtviertel von Tripolis dutzende Menschen getötet und Tausende vertrieben.
Die Arbeit der Organisation ist von allen Seiten bedroht
Insgesamt ächze der Libanon unter der großen Anzahl an Flüchtlingen, sagte Habib Badr. Er schätzt, dass inzwischen bis zu zwei Millionen Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien im Libanon leben, offiziell registriert wurden 1,2 Millionen. Der Ansturm führe zu sozialen Spannungen und belaste die Wirtschaft. Der Westen müsse den Libanon und andere Aufnahmestaaten wie Jordanien deshalb noch stärker unterstützen als bisher.
Die Mitgliedskirchen der EMS-Gemeinschaft förderten bereits eine Reihe von Projekten im Libanon, sagte EMS-Generalsekretär Jürgen Reichel. Dazu gehört der Unterricht für Flüchtlingskinder an der Schneller-Schule im Libanon. Allerdings sei die Arbeit der Organisation von allen Seiten bedroht. Ein Kurs für syrische Flüchtlingsmütter musste aus Sicherheitsgründen abgesagt werden, weil eine der Konfliktparteien das Gerücht gestreut hatte, im Bus vom Flüchtlingslager zur Schneller-Schule könnten Bomben des IS transportiert werden. (Sebastian Drescher)
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