In Entwicklungsländern hat der Rohstoffabbau zwei Seiten: Für viele Regierungen ist er ein lukratives Geschäft, weil er Einnahmen in die Staatskasse spült. Entsprechend gering ist ihr Interesse, den Bergbauunternehmen Auflagen für den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt zu machen. Die lokale Bevölkerung hingegen muss in vielen Fällen ihr Land verlassen und verliert ihre Lebensgrundlage. Die Menschen leiden häufig unter gesundheitlichen Schäden und der Umweltverschmutzung. Misereor-Partner kämpfen seit vielen Jahren für die Rechte der Menschen in den Abbaugebieten, oft aber ohne Erfolg.
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Die Juristen von acht Partnerorganisationen in Lateinamerika haben sich nun zusammengetan und wollen gemeinsam eine Anhörung vor der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte in Washington erwirken. Sie wurde 1959 als unabhängiges Organ von den Mitgliedern der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ins Leben gerufen und ist bei Menschenrechtsverletzungen die wichtigste Instanz, wenn der nationale Klageweg ausgeschöpft ist beziehungsweise die bisherigen Verfahren über Jahre zu nichts geführt haben.
Kennengelernt haben sich die Rechtsexperten aus Argentinien, Brasilien, Chile, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Mexiko und Peru bei einer Online-Schulung zu nationalen und internationalen Beschwerdemechanismen, die Misereor 2010 zum ersten Mal angeboten hat. Dabei tauschten sie sich über ihre Fälle aus. „Die verblüffende Ähnlichkeit der Probleme in den verschiedenen Ländern hat uns die Systematik der Menschenrechtsverletzungen im Rohstoffabbau auf neue Weise vor Augen geführt“, sagt Susanne Friess, Beraterin für Bergbau und Entwicklung bei Misereor. „Wir dürfen nicht nur auf Länderebene arbeiten, sondern müssen auch die Lücken im internationalen juristischen Regelwerk aufzeigen, die die Unternehmen über alle Maße begünstigen und die Rechte der Menschen vernachlässigen.“
Die Misereor-Partner treffen sich regelmäßig in Online-Sitzungen und werten eine Vielzahl von Fällen aus ganz Lateinamerika aus. Mit der geplanten Anhörung wollen sie versuchen, den Druck auf die Regierungen zu erhöhen, damit sie den Rohstoffsektor besser regulieren und ihre Pflicht zum Schutz der Menschenrechte ernster nehmen. Ob der Antrag bereits in diesem Jahr eingereicht werden soll, ist noch offen. Derzeit ist die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte selbst in einer kritischen Lage. Mehrere lateinamerikanische Länder, darunter Brasilien, Guatemala und Peru, werfen ihr vor, ihre Kompetenzen zu überschreiten. Sie wollen die OAS auffordern, diese neu abzustecken. „Das könnte dazu führen, dass Anhörungen zu kritischen Themen angesichts des Drucks der Regierungen gar nicht erst zulassen werden“,befürchtet Misereor-Expertin Friess.
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