Die von der EU-Kommission vorgelegte Mitteilung „Ein würdiges Leben für alle – von der Vision zum gemeinsamen Handeln“ erfasst alle denkbaren Anliegen der Entwicklungspolitik: Von der Armutsbeseitigung über Wasser- und Energieversorgung und den Erhalt der Biodiversität bis zur Förderung von Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden. Diese grundsätzlichen Ziele könnten nur durch ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Entwicklung erreicht werden, sagte Entwicklungskommissar Andris Piebalgs. Die Welt verfüge heute über die technischen Mittel, um ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichem Fortschritt, sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz herzustellen.
Handfestes bietet das Positionspapier jedoch kaum. So heißt es zum Thema Armut, man wolle den Anteil der Menschen verringern, die von weniger als zwei US-Dollar pro Tag leben, die Kosten für Rücküberweisungen von Migranten reduzieren, das Recht auf Land und Eigentum sichern und helfen, Opfer und wirtschaftliche Verluste durch Naturkatastrophen zu vermeiden. Ebenso vage, aber nicht ohne politische Sprengkraft sind die Vorschläge zur Beseitigung von Ungleichheit: Dafür sollten untere Einkommensgruppen stärker am Wachstum teilhaben und ethnische Minderheiten, Migranten und Flüchtlinge gefördert werden.
Die EU setzt auf den Beitrag der Wirtschaft
Wie das im Einzelnen erreicht werden sollte, müsse im Rahmen der UN-Diskussion festgelegt werden, heißt es. In den kommenden Monaten soll die Mitteilung von EU-Ministerrat und dem Europäischen Parlament besprochen werden und dann als Beitrag der EU zur UN-Debatte nächstes Jahr über neue Entwicklungsziele dienen. Sollte die Mitteilung ohne Veränderungen durch Ministerrat und Parlament kommen, hätte die Kommission freie Hand, um die leeren Floskeln mit Inhalten zu füllen. In welche Richtung das gehen könnte, deutet der Abschnitt über nachhaltiges Wachstum an. Schlüssel dazu sei ein für Unternehmen, Investitionen und Innovationen günstiges Umfeld – sowie die Förderung wirksamer Steuersysteme, Marktzugänge und neuer Technologien.
Die Kommission sieht das UN-Vorhaben, neue Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu formulieren, als eine „Partnerschaft aller Staaten mit allen“, in der sich jedes Mitglied nach eigenem Vermögen einbringt. Der europäische Dachverband entwicklungspolitischer Organisationen Concord kritisiert indes, Brüssel drücke sich um mögliche Verpflichtungen und Mehrbelastungen für reiche Länder. Die „Differenzierung“ nach Vermögen der einzelnen Länder beziehe sich nur auf den Umwelt- und Klimaschutz, nicht aber auf die Wirtschafts- und Handelspolitik. Die stärkeren Länder würden damit aus der Pflicht genommen, ihr auf Wachstum ausgerichtetes Wirtschaftsmodell zu ändern.
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