(25.04.2014) Rund 40 Prozent aller indischen Kinder brechen die Schule ab – obwohl das Recht auf Grundbildung gesetzlich festgeschrieben ist. Eine Ursache ist laut Menschenrechtsaktivisten vor allem die noch immer weit verbreitete Diskriminierung von Mädchen und Jungen aus benachteiligten sozialen Gruppen.
Kinder aus Dalit-Familien, den sogenannten „Unberührbaren“, aus ethnischen Minderheiten und Muslime verließen die Schule besonders häufig ohne einen Abschluss, heißt es in einem neuen Bericht von Human Rights Watch. Darin wird diskriminierendes Verhalten von Lehrern und Behörden in vier indischen Bundesstaaten anhand von Gesprächen mit mehr als 160 Schülern, Eltern, Lehrern und Erziehungsexperten dokumentiert.
Viele Lehrer wiesen Kinder aus niedrigeren sozialen Schichten an, im Klassenzimmer hinten zu sitzen, und ignorierten sie dann, erläutert die Co-Autorin des Berichts, Jayshree Bajoria. Ihr Schulessen bekämen sie in der Regel nach allen anderen, häufig müssten sie die Toiletten sauber machen, und seien Ziel abfälliger Bemerkungen von Seiten der Lehrer und der besser gestellten Mitschüler.
Zu schmutzig für den Unterricht
Mädchen und Jungen aus der Ethnie der Ghasiya in einer Schule in Uttar Pradesh etwa müssten sich ständig anhören, sie seien schmutzig und sollten ein Bad nehmen, berichtet Bajoria. Sie kämen jedoch aus einer Siedlung ohne Strom und Wasser – um Wasser zu holen, müssten sie einen Kilometer weit laufen.
„Eine feindliche Umgebung kann dazu führen, dass ein Kind nicht gerne in die Schule geht, und das erhöht das Risiko eines Schulabbruchs“, erläutert Bajoria. Lehrer missachteten und misshandelten Mädchen und Jungen aus armen Familien häufig, statt sie zu ermutigen und zu fördern.
Seit 2010 garantiert in Indien ein Gesetz das Recht auf Grundbildung. Wesentliche Voraussetzungen hierfür seien Nicht-Diskriminierung und Gleichheit, betont die indische Wissenschaftlerin Bajoria. Doch das Gesetz sehe keine Beschwerdemechanismen oder Strafen vor, wenn gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen wird.
Lehrer und Schulbehörden kümmerten sich nicht darum, wenn ein Kind die Schule abbreche, kritisiert die Menschenrechtsaktivistin. Darüber gebe es keine Aufzeichnungen. Es fehle ein System mit dessen Hilfe Mädchen und Jungen, die unentschuldigt für längere Zeit dem Unterricht fernbleiben, wieder integriert werden können. (gka)
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