Zusammenarbeit mit Unternehmen: Kooperation und Kontrolle

Keine entwicklungspolitische Diskussion mehr ohne den Hinweis auf die wichtige Rolle der Wirtschaft. Auch Österreich bindet Unternehmen in seine Entwicklungszusammenarbeit ein. Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern indessen, die Wirtschaft stärker an die Kandare zu nehmen.

Für Martin Ledolter, den Geschäftsführer der Austrian Development Agency (ADA), ist klar, dass die ADA kein Instrument der Exportförderung ist. Unternehmen, die in Partnerländern tätig sind, würden nur dann gefördert, wenn sie entwicklungspolitisch sinnvoll seien, sagte Ledolter bei einer Fachtagung Anfang März in Wien. Solche Projekte bezuschusst Wien im Rahmen von Wirtschaftspartnerschaften mit bis zu 500.000 Euro.

In den vergangenen Jahren sind Ledolter zufolge 23 Millionen Euro für rund 120 Projekte ausgegeben worden. Seit 2012 habe man in 27 Wirtschaftspartnerschaften über 1600 lokale Unternehmen gefördert. Die Förderung geht an österreichische oder europäische Unternehmen und soll der Risikominimierung dienen. Sie beträgt bis zu 50 Prozent der Investition, höchstens jedoch 200.000 Euro. Davon profitieren auch lokale Subunternehmer, Lieferanten oder Unternehmen, die vom Projekt eine Dienstleistung beziehen.

Nach Berechnungen der ADA beläuft sich die Zahl der Begünstigten daher auf mehr als 350.000 Menschen. Für 2014, so Ledolter, seien mehr als sieben Millionen Euro und über 30 Projekte geplant. Beispiele für diese Zusammenarbeit sind Solarthermieprojekte in Ägypten und Jamaika, die lokale Herstellung spezieller Drähte für Indiens Autoindustrie oder das Recycling von PET-Flaschen in Serbien.

„Schandfleck des Jahres“

Die steirische Andritz Hydro GmbH hat für ihre Beteiligung an umstrittenen Staudammprojekten den „Schandfleck des Jahres 2013“ erhalten. Der Schmähpreis wird jedes Jahr vom Netzwerk ...

Die Vereinten Nationen kritisieren einige Unternehmen

Die Aktivitäten österreichischer Unternehmen in Ländern des Südens sind aber auch schon in die Kritik geraten. So äußerte der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen letztes Jahr in seinem Kommentar zum österreichischen Staatenbericht Bedenken hinsichtlich der Förderung einzelner, nicht namentlich genannter Konzerne, deren Aktivitäten Menschenrechtsverletzungen zur Folge gehabt hätten.

Projekte aus den Wirtschaftspartnerschaften sind laut ADA nicht gemeint. Exportförderungen werden vom Finanzministerium vergeben. Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren insbesondere den Anlagenbauer Andritz AG, der an mehreren umstrittenen Staudammprojekten beteiligt ist (siehe Kasten).

Franz Fiala vom Netzwerk Soziale Verantwortung ist der Meinung, die Unternehmen müssten viel schärfer kontrolliert werden. Von Selbstverpflichtungen hält er nichts. Die Idee einer sozialen Unternehmensverantwortung – Corporate Social Responsibility, CSR – sei „eine Form neoliberaler Gehirnwäsche“.

Auch Werner Wutscher, Unternehmensberater und Experte für Nachhaltigkeit, wünscht sich eine strengere staatliche Regulierung. Allerdings sei die Macht der Medien nicht zu unterschätzen: Er erinnerte an eine Kampagne gegen das Vorhaben des Schweizer Nestlé-Konzerns, in Indonesien große Flächen Urwald für Ölpalmenplantagen abholzen zu lassen. Der Lebensmittelmulti habe erst davon Abstand genommen, als ein Video in Umlauf kam, auf dem ein blutiger Orang-Utan-Finger aus einem Schokoriegel aus dem Hause Nestlé ragt.

Die CSR-Debatte und die Frage der Besteuerung

Karin Küblböck von der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) wies darauf hin, wichtige Bereiche würden von der CSR-Debatte gar nicht aufgegriffen, etwa die Frage der Besteuerung. So entgingen der Europäischen Union jährlich eine Billion Euro durch Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Facebook etwa habe 2012 dank eines Steuerschlupflochs in Irland auf 1,75 Milliarden Euro Gewinn nur 0,1 Prozent an Abgaben abgeführt.

Da die Europäische Union in Steuerfragen Einstimmigkeit verlangt, hält Küblböck eine Harmonisierung der Steuersysteme oder gar die Abschaffung aller Ausnahmen für nicht realistisch. Die finnische Hauptstadt Helsinki zeige aber, dass es auch andere Wege gebe: Dort habe die Stadtregierung beschlossen, Unternehmen, die ihr Kapital in Steueroasen parken, von öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen.

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Zuerst sollten wir uns klar vor Augen führen, wie ein Projekt zustande kommt. Zitat aus einem ADA- Antwort-E-Mail:
Nach der intensiven Projektvorbereitungsphase, in denen mögliche Partner durch unsere Expertinnen und Experten beraten werden, werden Projektvorschläge einem Fördergremium vorgelegt, welches sich aus Vertretern des BMEIA, der Wirtschaftskammer Österreich, der Österreichischen Entwicklungsbank und der Austrian Development Agency zusammensetzt. Die Genehmigung der Projekte erfolgt auf Grundlage von Kriterien, welche u.a. in der Richtlinie Wirtschaftspartnerschaften definiert sind.

Also Firma XY kommt zur ADA wird von den Expert/Innen beraten (erarbeiten gemeinsam Projektvorschläge ??) , legen dieses Projekt dann dem Fördergremium vor. Es ist kaum denkbar, dass die Expert/innen etwas vorlegen was nicht bewilligt wird.

Und wie wird kontrolliert? Auch aus einer ADA-Antwort-E-Mail
Die Projektfortschrittskontrolle während der Implementierung umfasst folgende Elemente:

a. halbjährliche finanzielle und narrative Berichte
b. jährliche Projektaudits von akkreditierten Wirtschaftsprüfern
c. stichprobenhafte Überprüfungen, u.a. durch Projektbesuche
d. regelmäßige Evaluierungen
e. interne Revision
d. Rechnungshofkontrolle der ADA

Übrigens, NARRATIV bedeutet laut Wikipedia "erzählen". Erzählen hat nicht nachweislich mit Wahrheitswiedergabe zu tun. Stichprobenhafte Überprüfungen besagen nur, dass überprüft werden kann, nicht das überprüft wird, noch wer. Audits sind Anhörungen, dies muss nichts mit dem tatsächlichen Verlauf des Projektes zu tun haben. Was auffällt: Die ADA, welche die Projekte vorbereitet, kontrolliert sie auch. Selbst die Weitergabe des Projektortes, der genauen Adresse, wird mit dem Hinweis auf Datenschutz verweigert. Wenn eine eher unbekannte Firma keine Webseite hat, so bekommt man nicht einmal eine Telefonnummer: Datenschutz. Bei Nachforschungen kommt man dann darauf, dass der persönliche Eigentümer – vielleicht unbekannterweise – in einer Lichtensteiner Anstalt sitzt.

Generell sind Geldflüsse in der EZA schwer nachvollziehbar, sie enden in EZA-Ländern und sind von der interessierten Öffentlichkeit nicht überprüfbar. Leider ermöglicht das neue Kooperationsmodell der ADA verstärkt die Möglichkeit der Korruption, da der interessierten Öffentlichkeit, dem Steuerzahler keine für ihm wichtigen Daten zugänglich sind.

Auch erhebt sich die Frage, warum NGOs mit ihren teils hochqualifizierten Personal genau nicht jene Produktionen abdecken, welche die Basis von “Hilfe zur Selbsthilfe” sind.

Durch diese neue Methode der Kooperation wird eindeutig eine Abhängigkeit von Internationalen Konzernen - dem reichen Norden - gefördert, also Abhängigkeit erzeugt. Was die weitere Frage zulässt, ob wir überhaupt “helfen” wollen, selbstständige Partner zu formen oder nur neue Systeme der Abhängigkeit.

Gerhard Karpiniec
Laxenburg/Österreich

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erschienen in Ausgabe 4 / 2014: Indonesien: Von Islam und Demokratie
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