(26.02.2014) Misereor und Germanwatch fordern die Bundesregierung auf, die Menschenrechte in Wirtschaftsbeziehungen zu stärken. Sie müsse – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verwirklichen, heißt es in einem aktuellen Bericht der beiden Organisationen. Deutschland stehe wegen der großen Bedeutung seiner Außenwirtschaft und als Mutterland transnationaler Konzerne besonders in der Pflicht.
Die 2011 verabschiedeten Leitlinien der Vereinten Nationen stellen eine Reihe von Empfehlungen bereit, wie der Schutz der Menschenrechte stärker in den Konzernzentralen und in der Wirtschaftspolitik verankert werden kann. Firmen sollen die Menschenrechte respektieren und möglichst alles tun, um Verletzungen zu verhindern. In der Verantwortung aber steht den Leitlinien zufolge vor allem die Politik: Sie soll Menschenrechtsverletzungen untersuchen, ahnden und wieder gutmachen und dafür Gesetze und Regulierungen auf den Weg bringen. Dazu gehört auch, Opfern Zugang zu Rechtsmitteln und Klagemöglichkeiten gegen Unternehmen zu verschaffen.
Die Vorgängerregierung habe nur auf freiwillige Initiativen der Unternehmen gesetzt, die politische Verantwortung aber vernachlässigt, kritisiert Armin Paasch von Misereor. Deutschland stehe deshalb – auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern – bei der Verwirklichung der Leitlinien schlecht da. Die große Koalition hat in ihrem Vertrag angekündigt, sich dieser Aufgabe zu stellen. Doch bislang hakt es noch an der internen Abstimmung. Welches Ministerium federführend verantwortlich sein wird, ist nach Auskunft der Bundesregierung noch nicht abschließend geklärt. „Die Selbstblockade ist noch nicht aufgelöst“, sagt Paasch.
Nötig seien vor allem ein nationaler Aktionsplan sowie eine Überprüfung möglicher juristischer Lücken. Mehr Regulierung ist nach Ansicht der Autoren des Berichts etwa bei der Unternehmenstransparenz nötig: Firmen sollten gesetzlich dazu verpflichtet werden, nicht nur finanzielle, sondern auch soziale Belange regelmäßig nach außen kommunizieren. Damit könnten sie dazu gedrängt werden, sorgfältiger abzuschätzen, ob bestimmte Geschäfte die Menschenrechte gefährden könnten. Das geschehe bislang nur oberflächlich, wie eine Umfrage unter den DAX-30-Unternehmen ergeben habe. Auch machten sich die befragten Firmen zu wenig Gedanken darüber, wie sich ihre Einkaufspraktiken auf Arbeitsstandards bei Zulieferern im Ausland auswirke.
Schlechte Bilanz für Geschäfte im Energiesektor
Doch gerade wenn deutsche Firmen in Billiglohnländern mit schwachem Rechtschutz mit Zulieferern oder Tochterunternehmen zusammenarbeiten, liefen sie immer wieder Gefahr, sich an Menschenrechts-verletzungen mitschuldig zu machen, heißt es in dem Bericht. Etwa wenn deutsche Konzerne indirekt am umstrittenen Belo Monte-Wasserkraftwerk in Brasilien beteiligt sind. Oder wenn deutsche Firmen Rohstoffe aus Bergbauregionen beziehen, in denen die Rechte der lokalen Bevölkerung verletzt werden.
Besonders offensichtlich ist die staatliche Verantwortung, wenn es sich um Unternehmen handelt, an denen der Staat selbst beteiligt ist. So standen 2012 deutsche Energieunternehmen in der Kritik, Steinkohle aus kolumbianischen Kohleminen zu beziehen, in denen Menschenrechte verletzt wurden. Zu den Abnehmern zählte auch der Energieversorger EnBW, an dem das Land Baden-Württemberg und verschiedene Kommunen Anteile halten. Der Bund sei zwar um eine gute Unternehmensführung bemüht, tue aber zu wenig um Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen, kritisieren die Autoren des Berichts. Auch bei der Außenwirtschaftsförderung und der öffentlichen Beschaffung sollten menschenrechtliche Fragen künftig eine größere Rolle spielen.
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