2014 wird ein Schicksalsjahr für die Afghaninnen und Afghanen. Die internationalen Truppen ziehen ab, im April wird ein neuer Präsident gewählt. Auch die Provinzräte werden neu zusammengesetzt. Schon jetzt deutet vieles darauf hin, dass sich die Lage der Frauen im Land wieder verschlechtern wird. So wurde etwa in der jüngsten Neufassung des Wahlgesetzes die Frauenquote in den Provinzräten von bislang einem Viertel auf ein Fünftel gesenkt. Seit die afghanischen Sicherheitskräfte für den Schutz der Bevölkerung zuständig sind, werden Frauen zunehmend von Aufständischen bedroht.
Autorin
Gesine Kauffmann
ist Redakteurin bei "welt-sichten".Dabei konnten Frauen seit der US-geführten Intervention 2001 – dank internationaler Hilfe – durchaus politische, soziale und wirtschaftliche Fortschritte erringen. Afghaninnen hätten seit der Vertreibung der islamistischen Taliban eine große Rolle beim Aufbau des Staates und seiner Institutionen gespielt, heißt es in einem Bericht der „International Crisis Group“ von Mitte Oktober. Mehr als ein Viertel der Abgeordneten sei weiblich, Mädchen stellten 40 Prozent der Schulkinder. Frauen können nun – anders als unter dem Taliban-Regime – als Anwältinnen, Unternehmerinnen, Journalistinnen und Aktivistinnen arbeiten. Auch ihr rechtlicher Status hat sich verbessert: Die Gleichheit der Geschlechter ist in der Verfassung verankert. Es gibt ein Ministerium für Frauenangelegenheiten und einen nationalen Aktionsplan für Frauen.
Frauen sind an Friedensverhandlungen nicht beteiligt
Zugleich müssen Frauen immer noch hart um ihre Rechte kämpfen – vor allem, wenn es um häusliche Gewalt geht. Die wenigsten Fälle gelangten vor ein offizielles Gericht, die meisten werden von örtlichen Führern entschieden, die ein sehr traditionelles Rollenverständnis haben. Ein von Präsident Karsai unterzeichnetes Gesetz zur Ausrottung der Gewalt gegen Frauen ist bei islamistischen Parlamentariern auf heftige Ablehnung gestoßen. Er macht trotz Zusagen bei der Geber-Konferenz in Tokio 2012 keine Anstalten, es ernsthaft durchzusetzen.
Die Friedensverhandlungen mit den Taliban sind undurchsichtig und Frauen – kaum verwunderlich – nicht beteiligt. Das nährt die Sorge, dass die afghanische Regierung Fortschritte bei den Frauenrechten rückgängig macht, um konservative Strippenzieher zu beschwichtigen. Die internationale Gemeinschaft darf in ihrer Unterstützung für die afghanischen Frauen nicht nachlassen – denn gerade an ihren Lebensumständen wird sich messen lassen müssen, was die militärische und zivile Intervention am Hindukusch für die Zivilbevölkerung gebracht hat.
Neuen Kommentar hinzufügen