(30.07.2013) Geringes Selbstvertrauen und wenig Hoffnung, an der eigenen Lage etwas ändern zu können – das hält viele Menschen in der Armutsfalle fest. Und wird in der Entwicklungshilfe zu wenig berücksichtigt.
Bei der Bekämpfung der Armut gehe es meist darum, die äußeren Umstände zu verbessern, und etwa Mikrokredite zur Verfügung zu stellen, schreibt der Ökonom Sayantan Ghosal in einer neuen Studie für die Denkfabrik Chatham-House. Psychische Mechanismen wie erlernte Hilflosigkeit, pessimistische Einstellungen oder die Überzeugung, die eigene Situation nicht kontrollieren zu können, hinderten arme Menschen jedoch zusätzlich daran, aus der Armutsfalle zu entkommen. Das ist – wie zahlreiche Studien und Abhandlungen zeigen – zwar längst erkannt, wird laut Ghosal in vielen Entwicklungsvorhaben aber noch zu wenig berücksichtigt.
Chronische Armut gehe in der Regel mit sozialer Ausgrenzung einher, so Ghosal. Diese Kombination verringere das Selbstvertrauen und den Antrieb, aus seinem Leben etwas zu machen. Entwicklungsprojekte, die hier ansetzen und die Menschen in ihren Hoffnungen und ihrem Selbstwertgefühl stärkten, seien wirkungsvoller als solche, die sich nur darauf konzentrieren, äußere Barrieren zu beseitigen.
Ghosal verweist auf ein Projekt unter dem Motto „Dream Building“ für Prostituierte im indischen Kalkutta. In acht Trainingseinheiten sollten sie lernen, sich als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft zu fühlen, die ein Recht auf eigene Wünsche und Ziele haben. Sie sollten zudem aktiv Perspektiven für ihre Zukunft entwickeln. Verglichen mit einer Kontrollgruppe hatten die Teilnehmerinnen nach den Workshops ein höheres Selbstwertgefühl, sie schämten sich weniger ihres Berufs und hatten stärker das Gefühl, ihr Leben im Griff zu haben.
Die geringe Zahl der Teilnehmerinnen (34 in der Workshop-Gruppe und acht in der Kontrollgruppe) macht es zwar schwierig, die Ergebnisse zu verallgemeinern. Aber wichtige Hinweise dafür, dass bei der Bekämpfung der Armut die Seele der Menschen nicht vergessen werden darf, liefert Sayantan Ghosal in jedem Fall. (gka)
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