Neue Regierung – neues Ressort?

Österreich stehen Wahlen bevor: Am 29. September wird das Parlament, der Nationalrat, neu gewählt. Egal wie danach die neue Regierung zusammengesetzt ist und wer sie anführt: Sie soll ein Ministerium für Entwicklung schaffen, fordert die Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO), der Dachverband der katholischen Hilfswerke.

(12.7.2013) In Österreich wird die Entwicklungspolitik bisher von einem dem Außenministerium unterstellten Staatssekretär wahrgenommen, der in erster Linie für EU-Politik zuständig ist. Die Forderung nach einem eigenen Minister ist nicht neu, wurde aber lange nicht mehr dezidiert erhoben. In den vergangenen Jahren trat die Entwicklungsszene eher defensiv auf und konzentrierte sich mit wenig Erfolg darauf, die Kürzungen im Entwicklungsetat zu bremsen. Jetzt ist es an der Zeit, wieder offensiver aufzutreten, sagt der KOO-Geschäftsführer Heinz Hödl. Immerhin zehn EU-Staaten haben heute ein eigenes Ministerium oder ein ganz oder hauptsächlich für Entwicklung zuständiges Staatssekretariat.

In entwicklungspolitischen Kreisen wird die Notwendigkeit eines eigenen Ministeriums seit einiger Zeit diskutiert, eine gemeinsame Position steht aber noch aus. Die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) hat ein Strategiepapier in Umlauf gebracht, das die Forderung mit Argumenten unterfüttert. Es weist darauf hin, dass die Debatte über neue globale Entwicklungsziele nach 2015 einen Paradigmenwechsel bringe – die Ziele der Armutsminderung im Süden würden mit für alle Staaten verbindlichen Zielen der Nachhaltigkeit verknüpft. Damit „rücken aber auch stärker Produktionsbedingungen und Konsumverhalten in den Mittelpunkt der Debatte“, während die Bedeutung der Hilfe abnehme.  Angesichts der tristen Lage der staatlichen Entwicklungspolitik in Österreich stelle sich die Frage, ob die politisch-administrativen Bedingungen für eine kohärente Politik gegeben seien oder „die öffentlichen entwicklungspolitischen Strukturen in Österreich nicht neu gedacht werden müssten“, um internationalen Ziele wirksamer verfolgen zu können.

Experten fürchten, eine Partei mit zweifelhaften Grundsätzen könnte mit der Aufgabe betraut werden

Die ÖFSE plädiert für ein eigenes Ministerium. Das würde anders als ein weisungsgebundener Staatssekretär über ein eigenes Budget verfügen und mit Stimm- und Vetorecht im Ministerrat sitzen. Dadurch würde die Entwicklungspolitik entscheidend aufgewertet. Als Alternative schlägt die ÖFSE ein Ministerium für Globale Entwicklung vor. Dort sollten die Politikfelder Armutsbekämpfung, Welternährung, Agrarproduktion, globale Landnutzung, Stabilisierung fragiler Staaten, Klima-, Energie- und Ressourcenpolitik, Wirtschaft und Entwicklung, Handel und Industrie, Forschungs- und Wissenskooperation sowie Fragen globaler Regime (global governance) und der außenpolitischen Beziehungen gebündelt werden. Dies wäre ein völlig neuer Ansatz.

Die Idee findet auch Heinz Hödl unterstützenswert: Ein Ministerium für Globale Entwicklung würde den Anforderungen entsprechen, die sich aus Globalisierung, Klimawandel und Ernährungsproblemen ergeben, etwa für die Finanzpolitik, Steuern und Energie. „Dafür ist in den nächsten Monaten und Jahren ein breiter Diskussionsprozess mit nichtstaatlichen Organisationen, der Wirtschaft, Universitäten und der Politik angesagt.“ Aber das sei eher eine Vision. „Ein Ministerium für Entwicklung, Humanitäre Hilfe und Klimaschutz ist dazu ein sehr wichtiger Zwischenschritt“, sagt Hödl.

Manche Experten fürchten, eine Partei mit zweifelhaften entwicklungspolitischen Grundsätzen oder eine ungeeignete Person könnte mit einem solchen Ministerium betraut werden. Hödl schätzt die Gefahr als gering ein: „Ich denke, dass das bei einer Partei bleiben würde, die sich in der Vergangenheit besonders dafür eingesetzt hat.“ Das trifft auf die Sozialdemokraten (SPÖ) und vor allem auf die Grünen zu. Beobachter spekulieren, ob die sich an der Regierung beteiligen, wenn die derzeitige Koalition aus SPÖ und Volkspartei (ÖVP) ihre Mehrheit verliert.

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erschienen in Ausgabe 8 / 2013: Zentralasien – Als Partner umworben
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