Früher war vieles übersichtlicher. Zum Beispiel Entwicklungshelfer zu werden. Da gab es den Deutschen Entwicklungsdienst (DED) und das eine oder andere kirchliche Pendant – und sonst lange Zeit nichts. Mit dem DED konnten Handwerker, Landwirte, Krankenschwestern und andere normale Leute mit normalen Berufen in ein armes Land reisen und den Menschen dort etwas beibringen. Heute gibt es den DED nicht mehr, was einige treue Fans bedauern und ihn am liebsten neu erfinden würden. Aber warum? Heute würde der DED wohl „Normale Leute mit normalen Berufen ohne Grenzen e.V.“ heißen. Und einen solchen Verein braucht kein Mensch mehr. Denn längst gibt es zum Beispiel Anwältinnen ohne Grenzen, Tierärzte ohne Grenzen, Homöopathen ohne Grenzen, Musiker ohne Grenzen, Luftfahrt ohne Grenzen, Ingenieure ohne Grenzen und sogar Erzähler ohne Grenzen. Für jeden etwas also.
Früher war manches auch einfacher. Junge Leute durften nach dem Abitur für längere Zeit nach Griechenland abhauen und das Leben genießen. Längst wird das nicht mehr als „Auslandserfahrung“ anerkannt. Heute muss man schon mit „weltwärts“ nach Afrika oder Asien reisen – je ärmer das Land, desto besser – und den Leuten dort bei irgendetwas helfen, ob die das nun wollen oder nicht. Und nicht einmal als Manager darf man mehr einfach tun, was dazu gehört: ein Unternehmen führen, Arbeitsplätze schaffen oder vernichten, viel Geld verdienen – und zum Ausgleich hin und wieder für ein paar Tage ins sündhaft teure Indianercamp im Schwarzwald. Heute gibt es für diese Art Sinnstiftung „Manager ohne Grenzen“. Der Verein bietet Selbsterfahrung für die stressgeplagte Führungskraft, zum Beispiel in einem Heim für Straßenkinder in Ghana. Aber sollte man da nicht doch lieber einen von den „Clowns ohne Grenzen“ schicken?
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