Das undurchsichtige Geschäft mit dem Tod

Die Waffenexportberichte der Bundesregierung bringen kaum Licht ins Dunkel

Uneingeschränkt in Geschwindigkeit und Beweglichkeit. Optimal in der Handhabung, im Gewicht und der Feuerdichte.“ Die süddeutsche Waffenschmiede Heckler & Koch weiß, wie man ein ordentliches Sturmgewehr anpreist – mit Erfolg: Das G36 ist ein Verkaufsschlager und wird in alle Welt exportiert, mit dem Segen der Bundesregierung.

Deutschland gehört zu den wichtigsten Anbietern von Kleinwaffen wie Gewehren und Pistolen; seit Mitte der 1990er Jahre haben sich die Ausfuhren vervierfacht. Zugleich lobt die Bundesregierung sich selbst für ihr Engagement in der internationalen Kleinwaffenkontrolle und bei der Demobilisierung von Kriegsparteien, etwa in Afrika. Gut möglich, dass bei solchen Aktionen auch Gewehre eingesammelt werden, die irgendwann mit Zustimmung aus Berlin verkauft wurden. Das G36 taucht nämlich hin und wieder an Orten auf, an denen es eigentlich nicht sein sollte, etwa im libyschen Bürgerkrieg im vergangenen Jahr.

Autor

Tillmann Elliesen

ist Redakteur bei "welt-sichten".

Der internationale Waffenhandel ist ein undurchsichtiges Milliardengeschäft mit dem Tod. Der Journalist Andrew Feinstein, der seit vielen Jahren zu Rüstungsexporten recherchiert, stellt in seinem neuen Buch lapidar fest, vollkommen legale Waffengeschäfte gebe es kaum, denn fast immer sei Korruption im Spiel. Die meisten Deals, schreibt Feinstein, würden auf dem „Graumarkt“ abgewickelt: über legale Kanäle, aber dennoch im Verborgenen.

Auch in Deutschland weiß niemand genau, wohin wie viele und welche Waffen und Rüstungsgüter verkauft werden; die von der Regierung jährlich vorgelegten Exportberichte bringen laut Fachleuten kaum Licht ins Dunkel. Und die wirklich heiklen Transaktionen werden nur ab und zu durch Zufall publik, wie zuletzt der geplante Verkauf von 200 Leopard-Panzern an Saudi-Arabien. Klar ist: Deutsche Waffen gehen oft in Länder mit zweifelhafter Menschenrechtsbilanz oder in Spannungsgebiete. Die vor zwölf Jahren beschlossenen politischen Grundsätze für Rüstungsausfuhren, die das eigentlich verhindern sollen, sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen. Ähnlich wirkungslos wird wohl auch der globale Vertrag über den Waffenhandel bleiben, der im Juli bei den Vereinten Nationen in New York besiegelt werden soll.

Die Forderung, sämtliche Rüstungsexporte zu verbieten, klingt vor diesem Hintergrund vernünftig. Sie ist aber nicht zu Ende gedacht. Feinstein nennt den Waffenhandel das „zweitälteste Gewerbe“. Mit anderen Worten: Wäre es verboten, würde es eben vollständig in der Illegalität stattfinden. Und wohin das führt, zeigt der internationale Drogenhandel.

Geschäfte mit Großwaffen müssen beim UN-Waffenregister gemeldet werden

Die Bundesregierung und die Waffenhersteller müssen stärker als bisher Rechenschaft über ihre Geschäfte ablegen. Genehmigungsanträge für Rüstungsexporte sollten grundsätzlich öffentlich gemacht werden. Die Hersteller lehnen das ab, weil zu viel Offenheit der Konkurrenz Vorteile verschaffe. Dieser Einwand ist nicht akzeptabel: Wer mit Bomben, Panzern und Kanonen sein Geld verdient, hat keinen Anspruch auf Geschäftsgeheimnisse. Das öffentliche Interesse an einer Kontrolle des Waffenhandels wiegt schwerer.

Mindestens müsste das Parlament über alle Anträge auf die Ausfuhr von Kriegswaffen vorab informiert werden, so wie die Grünen es in einem Antrag fordern. Allerdings müsste eine solche Transparenzpflicht europaweit eingeführt werden, um wirksam zu sein. Denn Waffen werden zunehmend grenzüberschreitend arbeitsteilig hergestellt und über Drittstaaten exportiert. Und in der Europäischen Union gilt seit einem Jahr die sogenannte Verteidigungsgüterrichtlinie, die den Handel mit Rüstungsgütern erleichtern soll: Danach gelten Geschäfte innerhalb der EU nicht mehr als genehmigungspflichtige Exporte, sondern pauschal als zulässige „Verbringung“.

Auch Transparenz garantiert allerdings keinen verantwortlichen Waffenhandel: Seit 1991 müssen Geschäfte mit Großwaffen wie Panzern, Artilleriegeschützen und Flugzeugen beim UN-Waffenregister gemeldet werden. Das Register war eingeführt worden, nachdem der Irak Kuwait überfallen hatte und die Welt sich überrascht dem großen Waffenarsenal gegenübersah, das Saddam Hussein zuvor zusammengekauft hatte. An der Geschäftspraxis der großen Waffenlieferanten seitdem hat das Register allerdings nicht viel geändert. Der einzige Vorteil: Beim Krieg gegen Muammar al-Gaddafi im vergangenen Jahr wussten die NATO-Länder wenigstens, welches Mordgerät sie vorher an den libyschen Diktator geliefert hatte und womit der sich nun wehren würde.

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erschienen in Ausgabe 6 / 2012: Holz: Sägen am eigenen Ast
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