Das sogenannte Non-Paper (das so heißt, weil es nicht offiziell ist und somit auch niemandem zugeschrieben werden kann) formuliert diplomatisch, man wolle nur Vorschläge zur anstehenden Überprüfung des Auswärtigen Dienstes vorbringen. Es wird aber in einigen Punkten durchaus konkret: So sollte der gesamte Bereich der „Nachbarschaftspolitik“, der bisher einem eigenen EU-Kommissar zugeteilt war, in den Dienst eingegliedert werden. Ebenso sollte dem EAD die „strategische und mehrjährige Programmierung der Entwicklungszusammenarbeit“ zustehen. Weiterhin sollte das Amt zuständig sein für alle Verhandlungen über Verträge zu Partnerschaften oder zur Zusammenarbeit mit anderen Ländern sowie mit multilateralen Organisationen.
Das Papier schlägt vor, dem Dienst die Verantwortung für sämtliche außenpolitischen Finanzmittel zu übertragen, einschließlich aller Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit und des EU-Entwicklungsfonds. Damit würde der EAD mit einem Schlag zum Außenfinanzamt der EU mit Kontrolle über jährlich gut neun Milliarden Euro. Laut dem Papier sollte der Dienst seine Mittel zudem möglichst flexibel einsetzen, also innerhalb und zwischen den Instrumenten verschieben können.
Für das Parlament muss die Flexibilität Grenzen haben
Zwar wünscht sich auch das EU-Parlament, wo in den Ausschüssen ebenfalls die Diskussion zur Zukunft des Auswärtigen Dienstes begonnen hat, eine gewisse Flexibilität in der Finanzierung des auswärtigen Handelns. Sie müsse aber Grenzen haben, denn anders hätte das Parlament kaum noch etwas zu den einzelnen Haushaltslinien zu sagen und es ginge ihm eine seiner wichtigsten Kompetenzen verloren.
Einen gewichtigen Abschnitt widmet das Non-Paper der EAD-Besetzung. Zur Gründung des Dienstes 2010 war beschlossen worden, ihn zu gleichen Teilen mit Beamten aus dem Europäischen Rat, der Kommission und aus nationalen Ministerien zu besetzen. Die letzteren sollten nach jeweils vier Jahren Amtszeit ausscheiden und ersetzt werden und nur in einzelnen Fällen eine weitere Amtsperiode dienen dürfen. Die 14 Außenministerien, die hinter dem Non-Paper stehen, wollen das Drittel Personal aus den Mitgliedstaaten jetzt nicht mehr als Obergrenze, sondern lediglich als Mindestanteil verstanden wissen; zudem müsse Beamten aus den nationalen Ministerien eine „langfristige Karriereperspektive“ gewährleistet werden.
Autor
Heimo Claasen
ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".Dies freilich steigert nicht nur bei Entwicklungsorganisationen, sondern auch bei der Kommission und im EU-Parlament den Verdacht, die nationalen Außenämter wollten den EAD klammheimlich übernehmen und damit den bisher eigenständigen EU-Vertragsbereich für Entwicklungspolitik nationalen Interessen unterordnen. Die Kommission begrüßt zwar pflichtschuldigst die Diskussion, hat es aber bisher vermieden, auf den Inhalt des Non-Papers einzugehen; die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton habe ja für Juli ihre eigene Zwischenbilanz angekündigt. Als bedrohlich wertet man in Brüssel jedoch den Wegfall der Kompetenz für die Nachbarschaftspolitik: Damit würde ein Kommissar wegfallen, was die heikle Gleichgewichtsübung bei der Vergabe von Posten in der nächsten Kommission zusätzlich erschwerte. Und auf jeden Fall würde die Abgabe der Planungshoheit für Außenhandel und Entwicklung ihre Kompetenzen deutlich beschneiden; den betroffenen Abteilungen blieben lediglich Verwaltungsaufgaben.
NGOs fürchten zu viel Gewicht für Sicherheitsfragen
Entwicklungsorganisationen sehen den Vorgang mit großer Skepsis. In der Praxis habe das neue Amt „wenig Fortschritt dahin erbracht, wie Sicherheitspolitik die Ziele der Entwicklungspolitik unterstützen und wie Entwicklungshilfe wirksamer werden kann, um die Ursachen für Unsicherheit anzugehen“, befindet ihr Dachverband Concord Europe.
Das erkennbare Bemühen, die Sicherheitskomponente des EAD zu verstärken, stehe im Gegensatz zum Einwicklungsauftrag der Europäischen Union, „wenn die Ziele von Sicherheitsinitiativen nur auf die Sicherheit von Staaten, auf die Absicherung von EU-Investitionen und auf den Zugang zu Rohstoffen ausgerichtet werden statt auf den Schutz von Menschen“.
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