Das Trauma der Vertreibung wirkt fort

Marlène Schnieper
Nakba – die offene Wunde. 
Die Vertreibung der Palästinenser 1948 und die Folgen 
Rotpunktverlag, Zürich 2012
380 Seiten, 28 Euro.

Im Zentrum des Buches stehen acht Menschen, die 1948 selbst vertrieben wurden oder Nachfahren von Vertriebenen sind. Die Nakba prägt ihr Leben bis heute, die Katastrophe ist nicht verwunden. Schnieper bettet ihre Schilderungen ein in die neuesten Untersuchungen israelischer und palästinensischer Forscher und schildert ausführlich die Vorgeschichte der Gründung des Staates Israel seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.


So wird deutlich, dass bereits während der Mandatszeit der Briten ab 1920 der Boden bereitet wurde für den Konflikt, der Israel und seine arabischen Nachbarn bis heute entzweit. Die Araber Palästinas sahen sich zunehmend als politische Verlierer, 1936 bis 1939 kam es zum großen arabischen Aufstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg übergab die britische Regierung im Februar 1947 das Palästinamandat an die Vereinten Nationen. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen stimmte Ende 1947 für die Teilung des historischen Palästina. Doch je konkretere Formen der zionistische Staat annahm, desto klarer wurde die Absicht einer gewaltsamen Vertreibung der Palästinenser.

750.000 Menschen haben im Zusammenhang mit der Staatsgründung Israels ihr Hab und Gut und ihre Heimat verloren. Schnieper weist auch auf weniger bekannte Aspekte hin. Die israelische Armee erbeutete Land, Wohnhäuser, Produktionsanlagen, Werkstätten, Vorräte, konfiszierte die arabischen Guthaben auf palästinensischen Banken und überführte Zehntausende von Büchern und Manuskripten aus arabischem Privatbesitz in die Jüdische Nationalbibliothek.

Schnieper betrachtet die Vertreibung als einen „nach vorne offenen Prozess“, als fortdauernden Angriff auf das Existenzrecht der Palästinenser, „weshalb die Wunde der Nakba nicht heilen kann“.  Das ist nachvollziehbar angesichts der israelischen Herrschaft über das Westjordanland und des fortgesetzten Baus israelischer Siedlungen. Vor bald 65 Jahren erlebten Palästinenserinnen und Palästinenser „einen traumatischen Verlust“, so Schnieper, „und noch immer sehen sie kein Licht am Ende des Tunnels“. Das Buch sei allen Nahost-Interessierten empfohlen. (Dieter Hampel)

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