In der wissenschaftlichen Debatte um die Themen Entwicklung und Kultur fehlt im deutschsprachigen Raum ein kritischer Diskurs zum westlichen Ethnozentrismus, stellt der Politikwissenschaftler und Ethnologe Wolfgang Gieler fest. So rangiere der geografische Raum von Kanada und den USA über Europa bis Russland im eigenen Entwicklungsverständnis hierarchisch höher als die außerhalb dieses Raumes gelegene Welt.
Dieses Verständnis stelle die Werte – etwa die Religion – und die Besonderheiten – etwa das Aussehen, die Kleidung und die Hautfarbe – der eigenen Gruppe über diejenigen der anderen und bilde so schlimmstenfalls eine Grundlage für Nationalismus und Rassismus. Dagegen plädiert Gieler für einen
gleichrangig geführten Dialog zwischen den Kulturen.
Dabei unterscheidet er den Homo Oeconomicus und den Homo Communis. Der Mensch als Homo Communis findet sich nach Gieler häufiger in
nichtwestlichen Kulturen, ist also ein Gegenbild zum Homo Oeconomicus des globalen Nordens. Ein gleichrangig geführter Dialog würde bedeuten, dass auch Menschlichkeit, Nächstenliebe und Gemeinsinn einen neuen Stellenwert erlangen würden.
Gieler wirbt in seiner Streitschrift für mehr Offenheit gegenüber anderen Verständnissen von Kultur und Wirtschaft. Die negativen Folgen der westlichen Wirtschaftsweise für das Klima und die natürliche Umwelt sowie auf die damit zusammenhängenden Migrationsbewegungen zeigen nach
Gieler die Notwendigkeit, umzudenken und den westlichen Ethnozentrismus zu überwinden.
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