Pragmatische Lösungen für globale Krisen

Sandrine Dixson-Declève, Owen Gaffney, Jayati Ghosh, Jørgen Randers, Johan Rockström, Per Espen Stoknes: Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten. Der neue Bericht an den Club of Rome, 50 Jahre nach „Die Grenzen des Wachstums“. oekom verlag, München, 2022, 256 Seiten, 25 Euro

Im neuen Bericht an den Club of Rome erläutern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anschaulich, wie sich eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft erreichen lässt.

2020, mitten in der Pandemie, gründete ein internationales Team von Wissenschaftlern, Ökonomen und Fachleuten aus unterschiedlichen Disziplinen die Earth4All-Initiative. Sie entwickelten ein Modell, mit dem verschiedene „Zukunftswelten“ getestet werden können und mit dem sie analysierten, wie ein gerechteres und resilienteres Wirtschaftssystem aussehen müsste. Im Zentrum steht dabei der Klimawandel. Vor genau 50 Jahren hat die gemeinnützige Organisation „Club of Rome“ den Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht, der bereits vor den Auswirkungen unserer Wirtschaftsweise auf unsere Umwelt warnte.

Das neue Buch vergleicht zwei Szenarien: Zum einen das Too-Little Too-Late-Szenario (TLTL), in dem wie gewohnt weiter nur kleine Schritte hin zu einer nachhaltigeren Welt unternommen werden, zum Beispiel im Bereich der erneuerbaren Energien, aber die Ungleichheit dabei nicht systematisch bekämpft wird. Zum anderen das Giant Leap-Szenario (GL), in dem die Politiker sich weltweit zusammentun und eine Transformation des Wirtschaftssystems wagen. Im TLTL-Szenario verstärkt die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich die sozialen Spannungen, erhöht die Gefahr der gesellschaftlichen Instabilität in allen Teilen der Welt und führt gleichzeitig zu weiteren irreversiblen Schäden unseres Erdsystems. Im GL-Szenario hingegen werden diese Gefahren erheblich gemildert. 

Keine systemtransformativen linken Utopien

Die Initiative schlägt für das Erreichen des GL-Szenarios Kehrtwenden in den fünf Bereichen Armutsbekämpfung, Gleichheit, Ermächtigung, Ernährung und Energie vor. Dazu empfiehlt sie jeweils konkrete Schritte, die von einer Wiederbelebung der Gewerkschaften bis hin zu „system changers“ wie einer Ernährungsweise, in der mehr Obst und Gemüse an Stelle von industriell zubereiteter Kost verzehrt wird, reichen. Verglichen werden die beiden Szenarien anhand des Lebens fiktiver Personen im Laufe dieses Jahrhunderts. Dabei wirft das Buch einen differenzierten Blick auf die verschiedenen Weltregionen und beachtet die besonders vulnerable Lage der Länder des globalen Südens.

Das Buch eignet sich für alle, die nach Antworten auf globale ökologische und soziale Probleme suchen. Es bietet dazu einen gut verständlichen und anschaulichen Einstieg. Wer allerdings systemtransformative linke Utopien erwartet, wird von dem Buch eher enttäuscht sein. Die Autoren setzen sich zwar für eine Wirtschaft ein, die auf die Menschen und nicht auf Profit ausgerichtet ist, wollen den Kapitalismus aber nicht komplett überwinden. Sie bleiben politisch pragmatisch: Um die Transformation zu schaffen, sollen alle Klassen und politischen Lager ein Bündnis miteinander schließen.

Spannend ist, dass die Earth4All-Initiative Leserinnen und Leser einlädt, mit einem Online-Tool selbst Lösungen in dem Modell zu testen. Das Buch ist insofern nicht nur als Warnung gedacht, sondern ruft dazu auf, „optimistisch in unsere kollektive Zukunft zu blicken“.

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