Listiger Kampf für mehr Frauenrechte

Made in Bangladesh. Frankreich, Bangladesch, Dänemark, Portugal 2019. Regie: Rubaiyat Hossain, 95 Minuten. Kinostart: Ursprünglich 20. Mai 2021, pandemiebedingt aber voraussichtlich erst im Juni

Bangladesch ist nach China der zweitwichtigste Textilexporteur der Welt, vor allem wegen der dortigen Niedriglöhne. Der spannende Spielfilm von Rubaiyat Hossain zeigt, wie eine mutige Näherin gegen die systematische Ausbeutung und für eine eigene Gewerkschaft kämpft.  

Im Zentrum des Spielfilms der bangladeschischen Regisseurin Rubaiyat Hossain steht die 23-jährige Shimu. Zusammen mit vielen anderen Frauen näht sie in einer Textilfabrik in der Hauptstadt Dhaka unter harten Bedingungen und für wenig Lohn T-Shirts, die vor allem für westliche Modemarken bestimmt sind. Als dort ein Feuer ausbricht und eine Kollegin ums Leben kommt, lernt Shimu die engagierte Frauenrechtsaktivistin Nasima Apa kennen. Sie lädt Shimu zu einem Informationsabend ein, bei dem sie erfährt, wie man eine Gewerkschaft gründet und wie diese helfen kann, die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen zu ändern. Voraussetzung ist jedoch, dass 30 Prozent der Belegschaft das Vorhaben unterstützen. Mit Hilfe zunächst weniger Mitstreiterinnen beginnt Shimu heimlich Unterschriften zu sammeln. 

Ihr Vorhaben stößt auf entschiedenen Widerstand, nicht nur bei der Fabrikleitung, sondern auch beim eigenen Ehemann Sohel. Obwohl selbst arbeitslos, sähe er es am liebsten, wenn auch seine Frau zu Hause bliebe. Als das Gewerkschaftsprojekt wegen Drohungen der Vorgesetzten gegen die Näherinnen und wegen bürokratischer Hemmnisse zu scheitern droht, greift Shimu zu einer fragwürdigen, aber effektiven List. 

Die Regisseurin, die an der Tisch School of the Arts an der Universität von New York Film studiert hat und zu den wenigen aktiven Filmemacherinnen und Produzentinnen Bangladeschs gehört, verarbeitet hier zum Teil eigene Erfahrungen. Denn auch sie selbst hat sich früher als Mitglied mehrerer nichtstaatlicher Organisationen in ihrer Heimat Bangladesch für mehr Frauenrechte engagiert. Ins Drehbuch sind zudem Informationen zu dem tatsächlichen Fall der Gewerkschafterin Daliya Akter eingeflossen, die sich für eine bessere Bezahlung der Textilarbeiterinnen engagiert hat. 

Das Feuer zu Beginn des Films erinnert an den Brand in der Tazreen-Kleiderfabrik in Dhaka vom November 2012, bei dem 117 Menschen ums Leben kamen. Ein Plakat in einer Schlüsselszene spielt zudem auf den Einsturz des achtstöckigen Fabrikkomplexes Rana Plaza an, ebenfalls in Dhaka im April 2013. Damals wurden beim größten Unglück in der weltweiten Textilindustrie 1136 Menschen getötet und mehr als 2000 verletzt. 

Mit großer Eindringlichkeit verkörpert Rikita Nandini Shimu in dem Filmdrama die Protagonistin Shimu, die sich auf beruflicher wie privater Ebene gegen die allgegenwärtige Diskriminierung auflehnt. Die Zuschauer müssen zwar einige Holprigkeiten in der Inszenierung wie die allzu holzschnittartige Figurenzeichnung und einige unaufgelöste Handlungsfäden in Kauf nehmen, werden aber entschädigt mit einem aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen der Textilindustrie und in den Alltag der Arbeiterinnen. 

Das persönliche Drama Shimus, die als Minderjährige wegen einer drohenden Zwangsverheiratung aus dem Elternhaus in einem Dorf geflüchtet ist und sich in Dhaka durchschlagen musste, wird eingebettet in einen breiten Aufriss gesellschaftlicher Prob­lemlagen, der von Hungerlöhnen und unbezahlten Überstunden über Profitgier der Fabrikbesitzer und Preisdrückerei internationaler Konzerne bis hin zu Frauenunterdrückung und Macho-Gehabe, islamistischen Propagandaparolen und heuchlerischer Sexualmoral reicht. So etwa, wenn Shimus naive Arbeitskollegin Daliya wegen einer Affäre mit ihrem verheirateten Vorgesetzten Reza entlassen wird und in der Prostitution landet, während der ertappte Ehebrecher nur einen Tadel erhält. 

Passend zur hindernisreichen Emanzipation der Protagonistin setzt Hossain auch hinter der Kamera auf feminine Selbstermächtigung: Viele Schlüsselpositionen im Team wie Kamera, Ton, Schnitt oder Casting besetzte sie mit einheimischen weiblichen Filmschaffenden.

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