Die eindrücklichen Cartoons der Kairoer Karikaturistin Doaa El-Adl zeigen himmelschreiende Ungerechtigkeiten, brutale Gewalt und unerträgliche Bigotterie, unter denen Frauen in Ägypten leiden müssen. Sie entwickeln aber auch Zukunftsvisionen.
El-Adl sieht aber nicht nur im Verhältnis zwischen den Geschlechtern ein Problem. Einige Cartoons befassen sich mit den Sticheleien und Ausgrenzungen unter Frauen. Eindrücklich ist die Zeichnung, die drei überdicke, schwangere Frauen zeigt, die ihre Bäuche mit breitem Grinsen einer kleinen, dünnen Frau entgegenstrecken. Es reicht das Stichwort „kinderlos“, um zu erahnen, wie sich Frauen ohne Nachwuchs in Ägypten fühlen müssen.
Schockierend wird es, wenn El-Adl körperliche Gewalt an Frauen zum Thema macht, etwa sexuelle Belästigung. Auf einer Zeichnung wird eine Frau von fünf behaarten Männerarmen gleichzeitig begrapscht. Der eine greift in die Haare, zwei holen sich die Augen, einer den Mund und der letzte hat seine Hand in den Ausschnitt gesteckt. Ehrenmord, Vergewaltigung, Kinderehe und weibliche Genitalverstümmelung – El-Adl lässt nichts aus und erspart den Leserinnen und Lesern nichts.
Besonders aufschlussreich sind die 14 Cartoons zu Gesetzestexten und deren Auslegung, die in Ägypten legale Grundlage für Diskriminierung und Gewalt an Frauen bilden. So zum Ehebruch, der bei Männern und Frauen unterschiedlich geahndet wird. El-Adl zeichnet eine Frau, der Steine hinterhergeworfen werden, neben einem Mann, dem Rosen zugeworfen werden. Sie wirft den Blick auf die härteren Strafen, die auf den Mord am Ehemann im Vergleich zum Mord an der Ehefrau stehen. Sie illustriert auch die eingeschränkte Reisefreiheit von Frauen, denn männliche Angehörige können ganz legal bei Gericht ein offizielles Ausreiseverbot für sie beantragen. Der dazugehörige Cartoon zeigt ein feistes, liegendes Männerprofil, zwischen dessen Zähnen das Bein einer Frau klemmt. Eine Viertelstunde reicht, um diese 14 Cartoons anzuschauen und die kurzen Erklärungen durchzulesen, die – anders als bei den anderen Cartoons – den Sachverhalt etwas ausführlicher erläutern. Danach hat man die rechtliche Grundlage der Frauendiskriminierung in Ägypten in ihren Grundzügen verstanden. Jedes andere Genre bräuchte länger, um einen ebenso starken Eindruck zu hinterlassen.
Dem Sammelband mit den gut 50 Zeichnungen würde etwas fehlen, wenn nicht auf den letzten Seiten noch einige Cartoons abgedruckt wären, die zeigen, was die Zeichnerin sich für Frauen in Ägypten wünscht: zum Beispiel Gleichberechtigung. Ein Cartoon zeigt eine Frau, die im Gleichschritt in einer Reihe Männer läuft, deren Schnurrbärte zusammen mit ihren langen Haaren eine Wellenlinie bilden. Oder Freiheit: El-Adl zeichnet eine Balletttänzerin im Spitzentanz, deren Füße in Schreibfedern enden. Durch ihren Tanz hat sie die dicke Kette zwischen ihren Beinen gesprengt.
„Die Welt der Frau“ ist ein eindrückliches Buch über Frauenrechte, das Geschlechterverhältnis und die Situation von Frauen in Ägypten. Wer sich für diese Themen interessiert, wird es immer wieder in die Hand nehmen.
Neuen Kommentar hinzufügen