Zurück zum Schrebergarten?

Das lesenswerte Buch liefert Anregungen zum Zurechtrücken des Lebensstils im globalen Norden. Allerdings verliert es sich dabei ein wenig im Kleinklein.

Wenn heutzutage von Arbeit die Rede ist, handelt es sich üblicherweise um bezahlte Erwerbstätigkeit oder um freiberufliche Tätigkeit. Diese Sichtweise hat sich erst im 19. Jahrhundert durchgesetzt: Als sich die häusliche Familienwirtschaft zur arbeitsteiligen Industriegesellschaft gewandelt hat, wurde die Haus- und Familienarbeit und auch die Selbstversorgung entwertet. Nur die Erwerbsarbeit bildet heute die Grundlage für soziale Absicherung und gesellschaftliche Anerkennung.

Das sollte überdacht werden, argumentieren die beiden Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerinnen Irmi Seidl und Angelika Zahrnt. In dem von ihnen herausgegebenen Buch schildern 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie das Leben in Zeiten stagnierenden oder schrumpfenden Wirtschaftswachstums in den Industrieländern weitergehen kann. Den Schwerpunkt legen sie auf die „Gemeinschaftsarbeit“, beispielsweise Familien-, Freiwilligen- oder Sorgearbeit, die kaum in die Berechnungen des volkswirtschaftlichen Gesamteinkommens einfließen.

Unter anderem sei das Ökosystem überlastet. Deshalb wäre eine Wende weg von der industriellen Massenproduktion hin zu mehr genossenschaftlichen und gemeinnützigen Arbeitsweisen erforderlich. Insbesondere müssten falsche Anreize bei den Agrarsubventionen abgebaut werden, um dem ökologischen Landbau und einer Diversifizierung der Landwirtschaft mehr Raum zu geben. 

Die in dem Buch entwickelten Ideen wirken oft ein wenig kleinteilig. Dass sich Menschen, die ihre Arbeit verlieren oder verkürzen müssen, dem „urban gardening“ widmen oder häusliche Reparaturen selbst vornehmen, scheint wünschenswert, ist aber nicht unbedingt realistisch. Zudem dürfte es volkswirtschaftlich kaum eine Rolle spielen, wenn Menschen Gemüse auf ihrem Balkon ziehen. Nur am Rande geht das Buch darauf ein, dass diese Art des Wirtschaftens in einem großen Teil der Welt verbreitet ist.

Dass die betroffenen Menschen das oftmals überhaupt nicht erstrebenswert finden und nur aus der Not heraus tun, wird nicht erwähnt. Die „großen Visionen“ kommen in dem Buch nicht vor – weder zu einer konsequenten Kreislaufwirtschaft noch zu einer Entwicklung, die alle Teile der Welt mit einbezieht. Auch Gedanken darüber, ob Wachstum grundsätzlich schädlich ist oder ob es auch gutes Wachstum gibt, fehlen.

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