Rita Schäfer wertet in ihrem Buch internationale Studien über Migration im Süden Afrikas aus und beleuchtet Ursachen und Folgen größerer Wanderungsbewegungen.
Zunächst widmet sich das Werk der Einwanderung von Europäern wie etwa Hugenotten und niederländischen Farmern nach Südafrika Ende des 17. Jahrhunderts - und damit der weißen Minderheit, die das Land im Anschluss 300 Jahre lang beherrschte. Davon 200 Jahre lang als Sklavenhalter: Denn von 1652 bis 1838 „importierte“ die niederländische Handelsgesellschaft „Vereinigte Ostindische Compagnie“ Sklavinnen und Sklaven aus Indien, Bengalen, Indonesien sowie Madagaskar und Ostafrika. Die Autorin macht deutlich, dass südafrikanische (Apartheid-) Regierungen Einwanderung immer dann zuließen oder aktiv rekrutierten, wenn sie Arbeitskräfte für Landwirtschaft, Kohle-, Gold- oder Diamantenbergbau brauchten. Die Männer wurden unter miserablen Bedingungen untergebracht, finanziell, gesundheitlich und seelisch ausgepresst und nach getaner Arbeit oftmals „repatriiert“, also zwangsweise deportiert. Frauen mussten sämtliche Hausarbeiten erledigen oder als Ammen dienen und waren schutzlos sexueller Gewalt ausgeliefert.
Heraus bildete sich ein System der bis ins Detail geregelten rassistischen Ausgrenzung von Minderheiten, die – ganz im Sinne der herrschenden weißen Minderheit – oft miteinander im Konflikt lagen. So bestanden von Anfang an Spannungen zwischen schwarzen Einheimischen und Vertrags-, Wander- und illegalen Arbeitern aus Asien, die als Konkurrenten in den Minen und im Handel auftauchten. Hinzu kamen in den 1990er Jahren Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland Mosambik, aus dem Kongo und ab dem Jahr 2000 aus Simbabwe, Migrantinnen und Migranten, die niemand gerufen hatte.
Die Wissenschaftlerin schildert, wie neben Wanderarbeitern auch Händler, etwa aus Indien, China und Taiwan, auf der Suche nach einem besseren Leben ins Land kamen. Während der Zeit der Apartheid wurde ihnen das allerdings durch Zwangsumsiedlungen und andere Diskriminierungen schwergemacht. Hin und wieder haben sie auch revoltiert. So organisierte der Rechtsanwalt Mahatma Gandhi Ende des 19. Jahrhunderts gewaltlose Protestmärsche gegen diskriminierende Gesetze und einen Streik von Minenarbeitern im Kohlegebiet von Newcastle im Südosten Südafrikas. Dort entwickelte er sein Konzept des zivilen Ungehorsams, das er später in Indien anwandte.
Schließlich analysiert die Autorin auch die „Xenophobie“ ab Mitte der 1980er Jahre, die sich im demokratischen Südafrika ab 1994 fortsetzte. Die Angst vor Aids wurde auf Zugewanderte projiziert, die die Krankheit angeblich einschleppten. Ab 2008 kam es zu Gewaltexzessen und Vertreibungen, zu Totschlag und Mord in den südafrikanischen Townships. Die wertet Rita Schäfer als „Gewaltkontinuitäten“ zwischen dem Apartheidsystem und einer auch im demokratischen Südafrika völlig unzureichenden Asyl- und Einwanderungspolitik. So verfolgten die von existenziellen Nöten geplagten Einheimischen Eingewanderte als Sündenböcke für Wohnungsmangel und Arbeitslosigkeit.
Insgesamt liefert Rita Schäfer einen teilweise summarischen, mit Statistiken gespickten, dann auch wieder sehr detaillierten und aufschlussreichen wissenschaftlichen Bericht, der durch Fazits am Ende jedes Kapitels den Überblick erleichtert. Auch für interessierte Laien lesenswert!
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