Der in Kanada lebenden gebürtigen Ghanaerin Adwoa Badoe ist mit „Aluta“ eine interessante Mischung aus leichter Unterhaltungslektüre und politischem Roman gelungen.
„Es gibt Dinge, die passieren nur im Kino“, denkt die junge Ghanaerin Charlotte im Prolog des Buches. Da wird sie in einem fensterlosen Raum von einem Finsterling mit tiefer Ziernarbe auf der Wange vernommen, der ihr Umsturzpläne zur Last legt. Obgleich recht bedrohlich, scheint die Situation auf ein Happy End zuzulaufen – das lässt schon der geradezu heitere, gefällige Stil erwarten, in dem Badoes Unterhaltungsroman geschrieben ist.
Er lässt die Leserinnen und Leser ins amüsant geschilderte Studentinnenleben in Ghana Anfang der 1980er Jahre eintauchen. Die Chance zu studieren ist einer kleinen Schicht vorbehalten. Charlottes Zimmergenossin Mary im Wohnheim der Universitätsstadt Kumasi bringt beim Einzug „irrsinnig viel Zeug“ mit – darunter einen Kühlschrank, ein Gerät zum Gemüsestampfen, eine Kochplatte und einen Radiorekorder, aus dem Reggae ertönt. Charlottes eigener Beitrag zum Haushalt ist eine Heizspirale, um Badewasser in Eimern aufzuheizen. Der Komfort lässt zu wünschen übrig, doch die 18-Jährige genießt die neue Freiheit fernab des Elternhauses. Sie stürzt sich ins Partyleben. Eines ihrer Fächer ist Politikwissenschaft, obwohl sie sich überhaupt nicht für Politik interessiert – sie hat es gewählt, weil es ihr einfacher erscheint als Wirtschaft oder Jura.
Der Roman erzählt davon, wie sich die Unpolitische zur Aktivistin wandelt. Die Wandlung kündigt sich sehr verhalten an, bis fast zur Mitte des Buches dominieren Liebesdinge die Handlung: Der reiche Ölhändler Asare umwirbt die attraktive Charlotte, und auch ihr Kommilitone Banahene interessiert sich für sie. Doch dann brechen politische Ereignisse jäh in das fidele Studentenleben ein: Am 31. Dezember 1981 putscht sich Jerry John Rawlings an die Macht. Die Silvesterpartys werden abgesagt, Rawlings errichtet – so beschreibt es die Autorin – eine Art sozialistische Militärdiktatur. Viele Studierende mutieren postwendend zu Sozialisten. Auch Charlotte spürt zum ersten Mal großes Interesse an Studentenpolitik. Aber sie hat – ebenso wie der schon zuvor politisch aktive Banahene – eine Abneigung gegen militärische Machtübernahmen.
Schließlich müssen die Studenten ihre Kurse aussetzen, um die Revolution praktisch zu unterstützen. Charlotte wird erst zum Säubern einer illegalen Müllhalde in der Nähe der Hauptstadt Accra geschickt. Anschließend verlädt sie – in einer Gruppe mit Banahene – im Regenwaldgebiet Kakao. Sowohl die Romanze mit dem Kommilitonen, wegen dem sie beim Kakaosäcke-Schleppen Lipgloss aufträgt, als auch ihr politisches Engagement gegen die Putschisten nehmen an Fahrt auf. Als die Uni wieder öffnet, ist sie Banahenes Freundin und mausert sich zur Studentenführerin.
Nach der Ermordung dreier Richter, für die die Rebellenregierung verantwortlich gemacht wird, gehen in Kumasi Studierende in einer „Aluta“, einer großen Demonstration, gegen das Militär auf die Straße, Charlotte vorneweg. In das Engagement für Demokratie stürzt sie sich genauso begeistert wie vorher in Partys und Nachtclubbesuche. Ihre ganze Welt kreist um Banahene und den Studentenrat. Das bringt sie schließlich in den fensterlosen Verhörraum, in dem sich die Szene abspielt, mit der der Roman beginnt. Das Leben aber erweist sich nicht als Kinofilm. Charlottes Schicksal, so viel sei verraten, nimmt eine unerwartete und traurige Wendung, die dem unterhaltsamen, leicht zu lesenden Roman Ernst und Dramatik verleiht.
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