Seltene Erden befinden sich nicht nur in Flachbildfernsehern, Laptops und Smartphones. Sie haben auch für viele „grüne Technologien“ eine Schlüsselfunktion, wie die Autorinnen verständlich und anschaulich erklären.
Sie tragen Namen wie Scandium, Yttrium, Ytterbium, Thulium, Lutetium. Sie befinden sich in Unterhaltungselektronik, medizinischen Apparaten und militärischen Nachtsichtgeräten, aber auch und vor allem in „grünen“ Umwelttechnologien. Die Rede ist von den Seltenen Erden – unter diesem Sammelbegriff kennt man sie. Im gleichnamigen Band der Reihe „Stoffgeschichten“ nennen die Pharmazeutin und Wissenschaftshistorikerin Luitgard Marschall und die taz-Redakteurin Heike Holdinghausen sie „umkämpfte Rohstoffe des Hightech-Zeitalters“ und „Metalle unserer Zeit“ – des postfossilen, digitalen Zeitalters nämlich.
Eine interessante These ihres Buches lautet: Ohne Seltene Erden kein grünes Wachstum. Denn ohne sie gäbe es weder Elektroautos noch die Energiewende. Leuchtstoffe, die sie enthalten, sorgen für ein besonders energieeffizientes Licht von hoher Farbqualität. Rund acht Prozent der weltweit erzeugten Seltenerdmetalle werden derzeit für die Herstellung von Energiesparlampen und LEDs genutzt; 17 bis 20 Prozent werden in Industrie- und Autoabgaskatalysatoren verbaut. Weder die Magnetkühlung noch Brennstoffzellen, Superlegierungen oder neuartige Techniken der Wasserbehandlung kommen nach heutigem Wissensstand ohne Seltene Erden aus, schreiben die Verfasserinnen. Auch der Bedarf an seltenerdhaltigen Permanentmagneten etwa für Windkraftanlagen oder Hybrid- und Elektrofahrzeuge steige. Industrie- und Schwellenländer setzen auf diese Technologien. Gerade der Wunsch nach Nachhaltigkeit, betonen die Autorinnen, treibe die Nachfrage für Seltene Erden in die Höhe.
Marschall und Holdinghausen gehen auch auf die Schattenseiten dieser Entwicklung ein. So zeigt ihr Buch, wie schmutzig die Produktion und Verarbeitung von Seltenerdmetallen noch immer ist. Es nicht allerdings in erster Linie die Metalle selbst, die giftig sind, sondern die Verfahren ihrer Gewinnung. Sie hinterlassen verseuchte Abwässer und teilweise radioaktiven Abfall. Das zeigt sich besonders deutlich in China, wo mehr als 80 Prozent der Seltenen Erden gewonnen und verarbeitet werden.
Marschall und Holdinghausen schreiben mit einer Mischung aus profunder Sachkenntnis, Faszination für die wundersamen Metalle sowie Sympathie für den Widerstand der Bevölkerung in Abbaugebieten. Und in der Hoffnung auf eine nachhaltigere Produktion, die die sozialen Probleme des Bergbaus lindert. Ein Fazit der Verfasserinnen: „Das Streben nach einer nachhaltigen Gesellschaft ist bisweilen eben voller Widersprüche – wie die Seltenen Erden
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