Wie die Reichen helfen sollen

David Hulme erläutert grundlegende Ansätze der Entwicklungspolitik – kurz, informativ, auf neuestem Stand und sehr verständlich.

Über eine Milliarde Menschen leben in extremer Armut, rund drei Milliarden fehlt es an grundlegenden Dingen wie etwa gesundheitlicher Versorgung oder einem Dach über dem Kopf.  Aber warum sollte uns das kümmern? Diese Frage, die der Professor für Entwicklungspolitik aus Cambridge stellt, ist ebenso wie weitere grundsätzliche Fragen weder rhetorisch noch polemisch gemeint. Vielmehr tritt Hulme in schönster angelsächsischer Tradition nicht nur als belesener Wissenschaftler auf, sondern auch als begabter Lehrer, der es versteht, Lesende mit und ohne Vorwissen leicht und doch tiefgehend in die Entwicklungspolitik einzuführen.

Warum also sollten die reichen Industriestaaten dem globalen Süden „helfen”? Längst nicht nur aus moralischen Gründen, etwa um einstige koloniale Unterdrückung gutzumachen oder aufgrund humanistischer Werte, wie Hulme in seinem Anfangskapitel erläutert.

Vielmehr liege es im ureigenen Interesse auch des reichen Teils der Welt, den Ursachen für weltweite Fluchtbewegungen ebenso entgegenzutreten wie globalen Klimaveränderungen, die alle betreffen. Entsprechend geht es, anders als der Buchtitel suggeriert, schon bald nicht mehr um das Warum, sondern vor allem um das Wie einer wirksamen Entwicklungshilfe, um ihre Möglichkeiten und Grenzen.

Dazu skizziert Hulme kenntnisreich und übersichtlich historische und aktuelle Interpretationsansätze und Denkschulen. So erläutert er beispielsweise die Sachs-Easterly-Debatte über die Sinnhaftigkeit der globalen Entwicklungshilfearchitektur und scheut sich dabei nicht vor Vereinfachungen. Jeffrey Sachs, ehemals Berater des UN-Generalsekretärs Kofi Annan, steht für diejenigen Experten, die davon ausgehen, dass die UN-Millenniumsziele einfach erreichbar wären, wenn die Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) nur ihre finanziellen Mittel aufstocken würde.

Der US-Ökonom William Easterly steht für die Gegenseite, die nach weniger Finanzhilfen und mehr Effizienz ruft sowie die korrupten Regierungen vieler Empfängerländer an den Pranger stellt. So wie Hulme immer wieder Denkschulen und ihre maßgeblichen Protagonisten vorstellt, eignet sich seine Einführung geradezu als prägnant und flüssig geschriebenes Schulbuch.

Dabei identifiziert er fünf Bereiche, für die er im Hinblick auf die Zukunft der Einen Welt Politikveränderungen fordert und anhand praktischer Beispiele illustriert: mehr Entscheidungsspielraum der Empfängerländer bei der Verwendung von Unterstützungsmitteln; Finanzreformen, die illegale Kapitalflüsse aus armen Ländern erschweren; faire internationale Handelsabkommen (Stichwort Agrarsubventionen oder auch Patentrechte für Medikamente); Klimaschutz; sowie Umgang mit wachsender Ungleichheit. Deren Gefahr für die Allgemeinheit wird nunmehr, wie er betont, selbst vom Internationalen Währungsfonds oder der Bank Crédit Suisse betont.

Als ausgewiesener Pragmatiker weist Hulme zwischendurch immer wieder darauf hin, wie sich notwenige Politikschritte besser „verkaufen“ lassen. Da etwa die Klimaerwärmung auf der politischen Agenda der reichen Länder höher stehe als die globale Armut, lasse sich Politik zugunsten der Armen besser als Nachhaltigkeitsthema vermitteln, was es ja letztlich auch sei.

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