Gelebte Geschichte: Deutsche in der UNO

Das Buch porträtiert in Einzelinterviews 35 Deutsche, die bei den Vereinten Nationen gearbeitet haben oder noch arbeiten. Herausgekommen ist eine unkonventionelle UN-Geschichte.

Die porträtierten Insider, die zwischen 1959 und 2011 ihre Arbeit bei den Vereinten Nationen (UN) aufgenommen haben, berichten von ihrer Motivation und ihren Erfahrungen ebenso wie von besonderen Erlebnissen und der Rolle Deutschlands in den UN. Sie sind in unterschiedlichen Phasen in den Dienst der UN getreten – vor dem deutschen UN-Beitritt, im Zuge des deutschen Beitritts 1973, während des Kalten Krieges und im neuen Jahrtausend. Deshalb sind ihre Ansichten und Einschätzungen auch von zeithistorischem Interesse. Vor allem aber sind sie authentisch. Die Porträtierten berichten, wie sie Freiräume im System der Vereinten Nationen nutzten, beklagen aber auch, dass ihre Erfahrungen nach ihrem Ausscheiden aus dem UN-System nicht zweckorientiert nachgefragt wurden. Beispielhaft sei hier das Interview mit Alexander Gunther Friedrich erwähnt. Er trieb in den UN in den 1960er und 1970er Jahren als einer der ersten die Mobilisierung des privaten Sektors für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung voran. Aufschlussreich auch das Interview mit Ingar Brüggemann, der persönlichen Repräsentantin des Generaldirektors der Weltgesundheitsorganisation WHO bei den UN von 1985 bis 88. Sie schildert bildreich, wie die WHO erfolgreiche  Impfkampagnen ins Leben rief.

Dramatisch das Interview mit Hans Christoph Sponeck, der als Koordinator für humanitäre Fragen 1999 die Luftangriffe im Irak miterlebte und als unbequemer UN-Mann zwischen die politischen Mühlsteine geriet. Er trat im Jahr 2000 zurück aus Protest gegen die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrates, die er für das Sterben hunderttausender irakischer Kinder verantwortlich machte. Bewegend schließlich der Bericht von Peter Adler, einem jungen Wissenschaftler aus der DDR, der 1979 von seiner Regierung an die Internationale Atomenergiebehörde  nach Wien geschickt wurde. Er schildert, wie wichtig es war, als Vertreter der DDR zwei Kriterien zu erfüllen: fachlich geeignet, aber auch politisch zuverlässig zu sein. Später warf man ihm vor, westliche Lebensformen und Verhaltensweisen verinnerlicht zu haben. Auch wurde er grundlos beschuldigt, für den Bundesnachrichtendienst spioniert zu haben. 1985 gelang ihm die Republikflucht.

Die Interviews zeigen nicht nur, welch anspruchsvolle Aufgaben die deutschen UN-Mitarbeiter wahrnahmen. Sie illustrieren auch das Spannungsverhältnis, das zwischen den Vereinten Nationen und ihren Mitgliedsstaaten besteht und das es immer wieder auszutarieren galt. Jedem, der sich für die Geschichte der Vereinten Nationen interessiert, sei dieses Buch mit Nachdruck empfohlen. Es hat nur einen Fehler: Der Titel „Wird sind UNO“ ist populistisch und banal, er erinnert an die Überschrift „Wir sind Papst“ in der BILD-Zeitung. Eine treffendere Überschrift wäre: 70 Jahre gelebte UN-Geschichte – Erfahrungen und Einsichten von Deutschen bei den Vereinten Nationen.

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