Praktische Probleme, theoretische Analyse

Spätestens seit der internationalen Klimakonferenz in Paris ist der Klimawandel zum Dreh- und Angelpunkt in Diskussionen über globale Fragen geworden. Der Entwicklungsgeograph Stephen Witfield erforscht landwirtschaftliche Anpassungsstrategien.

Klimafragen beeinflussen viele ländliche Projekte und Programme, insbesondere im südlichen und östlichen Afrika. Stephen Witfield hat als Klimaexperte der Universität Leeds insbesondere in Kenia geforscht und setzt sich in seinem Buch mit den zunehmenden Unwägbarkeiten von Regen und Dürre auseinander. Die insgesamt sieben Kapitel des Buches beginnen meist mit Beschreibungen seiner persönlichen Eindrücke von Bauernversammlungen und Forschungszentren. Sie bilden den Auftakt für einige empirische Beschreibungen, an die sich Theoriereflexionen anschließen. Sowohl das sprachliche Niveau als auch die Abstraktionsebene sind ausgesprochen hoch, denn diese Publikation basiert auf einer Dissertation.
Witfield widmet sich vor allem den Verbindungen zwischen Wissenssystemen, also dem Dialog zwischen den Bauern mit ihren Fachkenntnissen auf der einen Seite und denjenigen, die agrartechnische Daten sammeln und komplexe Modellrechnungen anstellen, auf der anderen Seite. Er betont den Nutzen, den dieser Dialog etwa in Bezug auf eine an Klimaveränderungen angepasste Aussaat birgt, spart aber auch das Misstrauen zwischen Naturwissenschaftlern und lokalen Bauern nicht aus, das einer hilfreichen Kooperation häufig entgegensteht.
Dabei stellt der Autor ein breites Spektrum landwirtschaftlicher Technologien insbesondere im Maisanbau vor, mit denen sich beispielsweise bäuerliche Produzenten aus Kenia, Malawi und Sambia an Klimaveränderungen anpassen. Er beschreibt, wie Protagonisten der grünen Revolution in Afrika und Vertreter lokaler agrarökologischer Strategien vorgehen, die auf bodenschonende Landnutzung setzen. Jenseits von Ideologien zählt dabei für ihn vor allem, wie diese Ansätze Unsicherheit, Risiken und auch Ignoranz begegnen. In diesem Zuge empfiehlt er auch, neue Kommunikationsformen zu finden. Allerdings tritt er nicht als Politikberater oder Entwicklungskritiker auf, der auf Korruption in Agrarministerien oder den Einfluss global agierender Konzerne auf die Agrarberatung eindrischt. Das ist nicht Ziel und Ebene seiner theorieorientierten, Denkanstöße gebenden Studie.
Nicht zuletzt deshalb weist er abschließend darauf hin, dass die Unsicherheit, die Kleinbauern vielerorts bewältigen müssen, keinesfalls allein durch Klimaveränderungen bedingt ist, sondern auch komplexe wirtschaftliche, soziale und politische Ursprünge hat. Und er plädiert für einen offenen agrarpolitischen Diskussionsrahmen, in dem konträre Positionen erörtert werden. Rita Schäfer

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