Wer ist Aung San Suu Kyi?

Die Partei um Aung San Suu Kyi ist offenbar als Sieger aus der Wahl in Myanmar hervorgegangen. Doch wofür steht die gefeierte Friedensnobelpreisträgerin? Hans-Bernd Zöllner und Rodion Ebbighausen versuchen eine biographische Annäherung.

Politisch erfolgreiche Menschen werden meist losgelöst von ihrer Familiengeschichte beurteilt. Bei Aung San Suu Kyi ist das anders, das zeigt schon der Titel dieser Biographie. In ihrer Rolle als Politikerin müsse man sie vor allem als Tochter Aung Sans bezeichnen, dessen Vermächtnis sie vorantreibt, schreiben Hans-Bernd Zöllner und Rodion Ebbighausen, die in ihrem Buch den Lebensweg der Politikerin aus Birma nachzeichnen.

Die Tochter des 1947 ermordeten Nationalhelden Aung San gilt als Ikone der friedlichen Demokratisierung des Landes. Sie wuchs in Indien auf und studierte in England; danach arbeitete sie im UN-Sekretariat in New York. Erst 1988 kehrte sie nach Birma zurück, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Im selben Jahr wurden Massenproteste gegen das Militärregime blutig niedergeschlagen; kurz darauf hielt Suu Kyi ihre erste Rede für ein demokratisches Birma. An diesem Punkt steigen Zöllner und Ebbighausen mit ihrer Biographie ein.

Und lassen dabei sogleich einen Knackpunkt des Buches zutage treten. Denn die Autoren springen von der Szene vor der kunstvoll geschmückten Rednerbühne zurück zur Kolonialzeit und beschreiben schlussendlich die Shwedagon-Pagode, den wichtigsten Sakralbau des Landes. Das ist verwirrend und wirkt wahllos zusammengewürfelt – so, als hätten Zöllner und Ebbighausen  die Kontrolle über die vielen, aufwendig recherchierten Informationen verloren.

Dass der Aufwand groß war, wird mehr als deutlich. Zum Beispiel beim umfassenden Vergleich von Suu Kyis erster Rede mit der letzten ihres Vaters. Damit wollen sie zeigen, dass sie ähnliche Ideale wie er verfolgt – die eines politisch freien Birmas. Ob dafür eine derartige Wortklauberei betrieben werden muss, scheint allerdings fraglich: Von den Begriffen, die die Tochter vom Vater übernommen hat, steche das Wort Disziplin hervor, das sie zwölf Mal verwendet habe, der Begriff Demokratie sei neun Mal gefallen. Was sie aus der Auszählung folgern, ist jedoch dünn. Es bleibe bis heute schwierig, Suu Kyis politisches Programm in klare Worte zu fassen. Dabei widmen sich die Autoren genau dessen Auslegung über weite Strecken.

Alles in allem ist das eher wissenschaftliche Buch ein wenig überladen. Suu Kyi selbst verschwindet hinter den vielen historischen Rückblenden und Versuchen, die verstrickten politischen Verhältnisse in Birma aufzudröseln. Dennoch trägt es dazu bei, die burmesische Oppositionspolitikerin besser zu verstehen. Gerade mit Blick auf die Wahlen ist ihr politischer Werdegang interessant.

Hausarreste, Parteiausschlüsse und nicht anerkannte politische Abstimmungen prägten das Leben der Friedensnobelpreisträgerin. Ob sie an den diesjährigen Wahlen überhaupt teilnehmen würde, war lange unklar: Die Verfassung des Landes verbietet Bürgern mit ausländischem Ehepartner oder Kindern die Kandidatur für das Präsidentenamt – Suu Kyis verstorbener Ehemann war Brite, auch die beiden Söhne sind britische Staatsbürger.

Die Autoren zeigen auch auf, dass Suu Kyi von Teilen der Bevölkerung im In- und Ausland mythisch überhöht wird. Das ist gut und wichtig. Denn vor allem in letzter Zeit hat ihr Image gelitten. Unter anderem wird ihr vorgeworfen, nicht offen Partei für die muslimische Minderheit der Rohingya zu ergreifen. Wer diese Frau wirklich ist, wird jedoch auch nach der Lektüre nicht ganz klar. Persönlich getroffen haben die Autoren sie nicht.

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