Ohne Macht – und ohne Geld

Syrien-Krieg, Nahost-Konflikt und Ebola: Angesichts zahlreicher globaler Krisen wäre eine funktionsfähige UNO wichtiger denn je. Der Genfer Journalist Andreas Zumach attestiert ihr einen bedauernswerten Zustand, sieht aber auch Auswege aus der Krise.

Vor 70 Jahren wurden die Vereinten Nationen (UN) gegründet – die internationale Organisation soll den Frieden auf der Welt langfristig sichern. Doch allein die Katastrophen und Kriege des vergangenen Jahres haben deutlich gemacht, in welcher tiefen Krise sie steckt. Schon das Ende des Ost-West-Konfliktes hatte den UN nicht, wie erhofft, zu mehr Durchsetzungsvermögen verholfen. Vielmehr wurden ihre Charta und ihre völkerrechtlichen Errungenschaften nach 1990 weitaus häufiger und gravierender verletzt als in den Zeiten des Kalten Krieges. Diese Entwicklung beschreibt Andreas Zumach in seinem lesenswerten Buch.

Als „Sündenfälle“ des Westens nennt er den Kosovokrieg der NATO sowie den Irakkrieg der USA und Großbritanniens. Russland habe 2008 in Georgien und durch die Annexion der Krim gegen die UN-Charta verstoßen. Ferner hätten die USA nach dem 11. September 2001 mit ihrem Krieg gegen den Terror begonnen, völker- und menschenrechtliche Prinzipien auszuhöhlen.

Dabei wird eine starke und handlungsfähige Weltorganisation heute mehr gebraucht denn je. Das zeigen die vielen Konflikte und globalen Anforderungen der vergangenen Jahre, bei denen die UN jedoch kaum mehr eine politische Rolle übernehmen. Sie scheinen oft überfordert, von den Mitgliedsstaaten ausgebremst oder blockiert. Zumach beschreibt diesen Eindruck mit Blick auf den Syrienkrieg, den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS), die Ukrainekrise, den Nahost-Konflikt und den Ausbruch von Ebola.

Das Versagen der Weltorganisation ist aber nicht ihrer Inkompetenz zuzuschreiben, so Zumach. Die UN arbeiten so gut oder so schlecht, wie die Mitgliedsstaaten dies wünschen. Im Sicherheitsrat verhinderten „rivalisierende Interessen der Vetomächte“ häufig ein Eingreifen. Im Ukraine-Konflikt etwa griffen die UN nicht ein, so Zumach, weil dies von den Konfliktparteien nicht gewünscht wird – die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) solle sich darum kümmern. In anderen Fällen, etwa im Krieg gegen den IS, handelten die USA ohne UN-Mandat.
Zudem sei die Weltorganisation hoffnungslos unterfinanziert, weil Mitgliedsstaaten ihre Beiträge zurückhalten, um Druck auszuüben. Ein Beispiel ist laut Zumach das Versagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Fall Ebola: Die Mitgliedsstaaten seien dafür verantwortlich, dass die WHO seit Jahrzehnten unter Geldmangel leidet. So sei sie in immer größere finanzielle Abhängigkeit von Pharmakonzernen und Privatstiftungen geraten, die vor allem ihre eigenen Interessen verfolgen.

Für Zumach liegt auf der Hand, wie das System verbessert werden kann: Mit Hilfe von Strukturreformen wie dem Verzicht auf das Vetorecht im Sicherheitsrat, durch eine zuverlässige Finanzierung und eine starke Koalition von Mitgliedsländern, die multilateral Reformvorschläge verfolgen und umsetzen, wenn die Blockierer im Sicherheitsrat nicht mitziehen. Einige Vorbilder dafür gibt es bereits: Zumach nennt die Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, die Vereinbarung des Kyoto-Protokolls zum Klimaschutz sowie die Konventionen zur Kontrolle des konventionellen Waffenhandels, zum Verbot von Antipersonenminen und von Streumunition.

Eine kleine Geschichte der UNO, eine Liste der bei den UN registrierten Hilfsorganisationen und ein Organigramm runden das Buch ab. Es ist unverzichtbares Nachschlagewerk für alle, die sich für das UN-System und dessen Rolle in der Friedenspolitik interessieren.

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