Er fährt einen alten VW-Käfer, hat Marihuana legalisiert und spendet 90 Prozent seines Gehalts. Aber ist er noch der Visionär von damals? Die Dokumentation zeichnet Pepe Mujicas Weg von der Stadtguerilla ins uruguayische Präsidentenamt nach.
Der Präsident sitzt in seinem Holzschuppen und bindet Sträuße aus Gerbera-Blumen. In der nächsten Szene spaziert er im Anzug durch die prunkvolle Eingangshalle des Präsidentenpalastes in Montevideo. „Ich bin der Gleiche geblieben“, sagt er. Ob das stimmt, wollen die Filmemacher Heidi Specogna und Rainer Hoffmann herausfinden.
José Alberto Mujica Cordano, genannt El Pepe, war bis 1. März 2015 Präsident von Uruguay. Specogna und Hoffmann haben ihn und seine Lebensgefährtin Lucía Topolansky über Jahre mit der Kamera begleitet. Die Fortsetzung des Films „Tupamaros“ (1997), der vor allem die 1970er Jahre zeigt, handelt vom Weg aus dem Widerstand bis zur Präsidentschaft.
Mujicas Biographie ist abenteuerlich: Gründungsmitglied der Stadtguerilla Tupamaros in den 1970er Jahren, Widerstand gegen die Diktatur, 14 Jahre Gefängnis, zweimal – vergebliche – Flucht. Nach der Haft wird er Abgeordneter des linken Parteienbündnisses Frente Amplio, übernimmt Ministerposten. 2010 tritt er das Amt des Präsidenten an. Sein Leben bietet genug Material für einen dreiteiligen Thriller. Zum Glück haben sich die Filmemacher für eine leise, unaufgeregte Dokumentation entschieden. Sie nähern sich Mujica in seiner Regierungszeit, ohne zu werten. Szenen aus seinem Alltag werden mit kurzen Rückblenden und Interviews aus den 1960er und 1970er Jahren gemischt.
Mujica und Topolansky sprechen über ihre politischen Erfolge, etwa im Kampf gegen Wohnungsnot und Armut – der Zuschauer darf selbst entscheiden, ob El Pepe seinen Idealen treu geblieben ist. Die Szenen bleiben unkommentiert. Die Rückblenden machen deutlich: Manches ist noch wie früher. Der Mate-Becher begleitet den heute fast 80-Jährigen noch immer. Genau wie sein Zuhause auf dem Bauernhof und der steinalte VW-Käfer.
„Wir kämpfen weiter“, sagt Mujicas Lebensgefährtin. Das wirkt trotz melancholischer Blasmusik, Traktorfahrten und Landidylle nicht romantisierend, sondern wie ein Ausgleich für die sture Nüchternheit in anderen Szenen. Denn Specogna und Hoffmann zeigen auch: Der Präsident ist alt geworden. „Alt werden merkt man daran, dass reisen anstrengend wird. Sehr anstrengend“, sagt er nach dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin, als er im Uruguay-Trainingsanzug durch sein Hotelzimmer schlurft.
Vor rund 20 Jahren hatte Pepe den beiden Filmemachern gesagt: „Ich habe den jungen Träumer in mir nicht verraten.“ Ob das stimmt oder nicht, ist am Ende des Films eigentlich egal. Sehenswert ist das Porträt in jedem Fall.
Neuen Kommentar hinzufügen