Ines-Jacqueline Werkner, Oliver Hidalgo (Hg.)
Religionen – Global Player in der internationalen Politik?
Springer Verlag, Wiesbaden 2014, 251 Seiten, 39,99 Euro
Die Religionen sind zurück auf dem Spielfeld der Weltpolitik. Deshalb sollten Politikerinnen und Politiker möglichst viel über sie wissen – dieser Sammelband gibt Einblick und Orientierung.
Die Politik hat in der Vergangenheit religiöse Akteure vernachlässigt – zu Unrecht. Denn im globalen Süden greift der Säkularismus nicht. In Afrika, Asien und Lateinamerika sind die Religionen präsent und prägend. Die Götter segnen und trösten, sie versprechen Heil und Gerechtigkeit. Religiös motivierte politische Akteure ziehen aber nicht an einem Strang. Die Instrumentalisierung der Religion, um Machtansprüche zu legitimieren, steht dem Einsatz von Religionsgemeinschaften für Gerechtigkeit und Frieden diametral gegenüber.
Der vorliegende Sammelband geht der Rückkehr der Religion in die Politik nach. Für die Autorinnen und Autoren steht fest: Die Religionen bei der Suche nach Frieden und globaler Demokratie auszublenden, ist ein Fehler, in der Theorie wie in der Praxis. Sie hinterfragen die grundlegenden Annahmen der internationalen Beziehungen, wie sie seit dem Westfälischen Frieden von 1648 entstanden sind. Die europäischen Nationalstaaten basieren auf der Trennung der Religion von den Sphären der Politik und der Wirtschaft.
Seit etwa 30 Jahren werden säkulare Staaten jedoch von religiös motivierten Bewegungen in ihrer Einheit bedroht – nicht nur im Nahen Osten. Erhellend ist dazu der Beitrag von Khadija Katja Wöhler-Khalfallah über den fundamentalistisch-salafistischen Islam und die Muslim World League. Als transnationale Gemeinschaften tragen religiöse Akteure maßgeblich zur humanitären Nothilfe, Entwicklung und Menschenrechtsarbeit bei. Claudia Baumgart-Ochse ermahnt deshalb die politische Entscheiderinnen und Entscheider, „die Stimmen der religiösen zivilgesellschaftlichen Akteure ernst zu nehmen und sie stärker einzubinden“.
Die Herausgeber wollen ergründen, wie religiöse Akteure die Weltgesellschaft politisch mitsteuern können. Dazu wird die interreligiöse Zusammenarbeit in Konfliktsituationen durch die Organisation Religions for Peace ebenso vorgestellt wie das Projekt Weltethos, das für die „Zivilisierung der Religionen“ eintritt. Erstaunlich ist, wie sehr die diplomatische Vertretung des Papstes, der Heilige Stuhl, in den vergangenen 50 Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Wenige Akteure der internationalen Politik hätten eine „so eigenständige, eindeutige und vielschichtige Position zu den globalen Herausforderungen“ vorgelegt, so die Analyse von Mariano Borbato.
Wer sich über den Zusammenhang von Politik und Religion in der „postsäkularen Weltgesellschaft“ informieren will, wird dieses Buch mit großem Gewinn lesen. Vor allem, da es auch praktische Möglichkeiten aufzeigt, der Ambivalenz der Religion Herr zu werden.
Hans Spitzeck
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