Ellen Banda-Aaku
Patchwork
Wunderhorn, Heidelberg 2014
216 Seiten, 24,80 Euro
Ellen Banda-Aaku schildert in ihrem Roman das Erwachsenwerden einer Frau, die unehelich geboren wurde. Sie bietet eine Vater-Tochter-Geschichte und ein Panorama der Gesellschaft im nachkolonialen Sambia, jedoch keine Reflexion der politischen Verhältnisse.
Es ist das Jahr 1978 in Sambias Hauptstadt Lusaka: Die neunjährige Pumpkin wächst als uneheliches Kind auf – geboren aus „schlechtem Samen“, ein Stigma, das ihre Kindheit prägt. Sie wohnt zunächst bei ihrer Mutter, die an der unerfüllten Liebe zu Pumpkins Vater, dem erfolgreichen Geschäftsmann Joseph Sakavungo, zerbricht und zur Trinkerin wird. Der holt das Mädchen schließlich zu sich auf die Farm, wo er mit seiner Ehefrau und zwei von fünf Söhnen lebt. Aber auch dort fühlt sie sich nicht zugehörig. Mit Hilfe von Lügen und Intrigen wehrt sich Pumpkin gegen eine Welt, in der sie verzweifelt einen Platz sucht.
Im zweiten Teil des Buches treffen wir sie als 31-jährige Ehefrau und Mutter wieder, die in London Architektur studiert hat und dann in ihre Heimat zurückgekehrt ist. Innerlich ist sie jedoch das Mädchen von einst geblieben – der übermächtige Vater muss für sie ihre Probleme lösen und Lügen sind immer noch das Mittel der Wahl, mit einer unfreundlichen Realität umzugehen. Erst als der Vater stirbt, scheint der Weg frei, dass sie ihn loslassen und erwachsen werden kann.
Ellen Banda-Aaku hat ihre Kindheit und Jugend in Sambia und anderen afrikanischen Ländern verbracht. In ihrem ersten Roman für Erwachsene – sie hat zuvor Jugendbücher veröffentlicht – verknüpft sie zahlreiche Themen und vielschichtige Beziehungen, denen zum Teil unausgesprochene Geheimnisse zu Grunde liegen. Sie erzählt die Geschichte konsequent aus der Perspektive ihrer Protagonistin und mit viel Liebe zum Detail für die Personen und ihre Umgebung. So entsteht ein lebendiges Bild der familiären und sozialen Machtverhältnisse im nachkolonialen Sambia – zwischen Frauen und Männern, Töchtern und Müttern, Ehefrauen und Geliebten.
Das ist die große Stärke dieses Buches und macht Lust, es zu lesen – obwohl oder vielleicht auch gerade weil Pumpkin weder als Kind noch als Erwachsene eine absolute Sympathieträgerin ist. Wer sich dafür interessiert, wie sich die politischen Verhältnisse im Alltag widerspiegeln, kommt dagegen nicht auf seine Kosten. Der Einbruch der Politik in Pumpkins Leben hinterlässt kaum Spuren. Als sie erwachsen ist, kandidiert ihr Vater als Präsident und sie begleitet ihn zu seinen Wahlkampfauftritten. Doch sie bleibt innerlich unbeteiligt am politischen Geschehen, die privaten Sorgen und Kümmernisse bekommen immer wieder die Oberhand. Und so bleibt trotz gewinnbringender Lektüre des Buches, das 2010 mit dem „Penguin Prize for African Writing“ ausgezeichnet wurde, ein wenig Enttäuschung zurück. (Gesine Kauffmann)
Erschienen in welt-sichten 4-2014
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