Ebola: In Zukunft besser gerüstet

Tropenmedizinerin fordert Ausbau lokaler Gesundheitssysteme
Tropenmedizinerin fordert Ausbau lokaler Gesundheitssysteme

Ebola ist in Westafrika noch lange nicht besiegt. Zu Beginn des Jahres war die Zahl der Neuinfektionen leicht zurückgegangen, doch im Februar stieg sie wieder an. Die Länder werden zudem noch lange mit den Folgen der Epidemie kämpfen müssen. Gisela Schneider, die Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm), hat sich in Sierra Leone ein Bild der Lage gemacht.

Ist das Ende der Ebola-Epidemie in Sicht?
In Sierra Leone haben wir es nach wie vor mit einer aktiven Epidemie zu tun. Allein in der ersten Februarwoche gab es dort 80 neue Ebola-Fälle. Statistisch kommen auf jeden Patienten bis zu zehn Leute, die mit ihm Kontakt hatten. Das bedeutet, dass jetzt 800 Menschen in Quarantäne sind und über 21 Tage beobachtet werden müssen, ob sie sich infiziert haben. Es ist aber auch deutlich zu spüren, dass die Menschen in Sierra Leone wieder zur Normalität zurückfinden wollen. Viele Vorrichtungen zum Händewaschen im öffentlichen Raum werden nicht mehr benutzt. Und da die Regierung den Notstand wieder aufgehoben hat, ist die Bevölkerung davon überzeugt, dass jetzt alles endlich vorbei ist. Sie verdrängen, dass es in ihrem Land nach wie vor Ebola gibt. Einige Regionen haben die Epidemie noch lange nicht hinter sich. In Liberia sieht es wohl besser aus, aber auch da scheint die Fallzahl wieder zu steigen.

Was muss in Sierra Leone jetzt getan werden?
Das Gesundheitssystem muss wieder aufgebaut werden, und das kann Monate, wenn nicht Jahre dauern. In der Hochphase der Epidemie hatte die Regierung viele, vor allem private Krankenhäuser und Gesundheitsstationen wegen des sehr hohen Infektionsrisikos schließen lassen. Sie versuchen jetzt langsam ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Viele Ärzte und Pflegekräfte sind gestorben. Für sie muss neues Personal gefunden werden. Und viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind traumatisiert. Einige stellen sich die Frage, warum sie überlebt haben, ihre Kollegen aber nicht. Insgesamt herrscht in den Gesundheitseinrichtungen große Angst, sich doch noch anzustecken. Besonders bei Geburten und Operationen lässt sich das Ansteckungsrisiko nicht vollkommen ausschalten. Die Unsicherheit führt dazu, dass man Patienten sehr schnell ins Ebola-Behandlungszentrum schickt. So erzählte ein leitender Arzt, ein Patient mit einem Zahnabszess sei nur deshalb ins Behandlungszentrum geschickt worden, weil er Fieber hatte.

Vor ein paar Monaten waren die Prognosen noch sehr düster. Die WHO und das US-amerikanische Center of Desease Control (CDC) hatten ausgerechnet, dass sich bis Januar 2015 etwa 1,4 Millionen Menschen mit Ebola infizieren könnten. Tatsächlich waren es in Sierra Leone und Liberia rund 20.000 Fälle. Wie kommt es zu solchen Fehleinschätzungen?
Man muss den Bericht des CDC genau lesen. Die Zahlen werden anhand mathematischer Modelle errechnet. Und die 1,4 Millionen waren das Ergebnis für den schlimmsten anzunehmenden Fall. Da wurde vorausgesetzt, dass die Epidemie sich ungehindert ausbreiten würde. Damals wurde noch diskutiert, ob Ebola im Extremfall auch über die Luft übertragen werden kann wie eine Grippe. Dies ist zum Glück nicht der Fall, sonst hätten wir in der Tat viel mehr Tote zu beklagen. Das CDC hatte im Herbst aber auch den bestmöglichen Fall errechnet und kam auf eine Zahl von 24.000 Fällen. Ganz falsch lagen die Gesundheitsexperten also nicht. Es ist nicht so schlimm gekommen wie befürchtet, weil auf allen Ebenen unwahrscheinlich viel geleistet wurde – wenn auch erst sehr spät. 

Durch die Ebola-Krise ist viel hochwertiges medizinisches Material in die Länder gekommen. Ist das von Vorteil?
Das Material war überlebensnotwendig. In den Behandlungszentren und in den Krankenhäusern wird es jetzt gebraucht. Die Behandlungszentren sind ja vorübergehende Einrichtungen, die wieder abgebaut werden. Darum ist es so wichtig, dass wir in die lokalen Systeme investieren und sie so gut ausbauen, dass sie im Zweifelsfall besser auf eine neue Krise vorbereitet sind.

Ist die Welt jetzt besser gewappnet, sollte Ebola wieder einmal ausbrechen?
Auf jeden Fall. Wir haben viele Erfahrungen im Umgang mit Ebola gewonnen. Und die Forschung ist in den vergangenen Monaten sehr weit gekommen. Zum einen gibt es jetzt zwei viel versprechende Impfstoffe, die schon recht weit entwickelt sind. Dann laufen noch Studien zu Medikamenten zur Behandlung von Ebola. Und jüngst wurde ein Schnelltest vorgestellt, der zwar noch in der Erprobung ist. Wenn der aber funktioniert, sind wir einen Riesenschritt weiter. Ebola kann immer wieder ausbrechen. Mit Impfstoff, Medikamenten und einem Schnelltest werden wir dann wesentlich besser gerüstet sein. Isolierung und sichere Behandlung werden aber nach wie vor eine zentrale Rolle spielen.

Was sind Ihrer Meinung nach die großen Lehren aus der Ebola-Epidemie?
Wir haben hoffentlich alle gelernt, dass wir auf allen Ebenen schnell zusammenarbeiten müssen, wenn sich eine solche Krise abzeichnet. Bei diesem Ausbruch haben alle zu spät reagiert. Deswegen hat die Epidemie überhaupt erst solche Ausmaße angenommen. Eine große Lehre ist aber auch, dass man von vornherein noch viel stärker auf die lokalen Kräfte setzen muss. Die Mobilisierung der Bevölkerung war der Schlüssel dafür, dass die Epidemie wieder eingedämmt werden konnte. Die Übertragungskette konnte unterbrochen werden, weil die Menschen informiert wurden, wie sie sich verhalten sollen, und weil diejenigen, die Kontakt mit Ebola-Patienten hatten, zu Hause unter Beobachtung gestellt wurden. Ich hoffe, dass wir nicht alles vergessen, sobald der internationale Fokus wieder auf anderen Themen liegt.

Das Gespräch führte Katja Dorothea Buck.

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