Keine nachhaltige Armutsbekämpfung ohne ordentliches Wirtschaftswachstum, lautet Dirk Niebels Credo. Rund 80 Millionen Euro stehen dem BMZ für Wirtschaftsförderung im Rahmen der technischen Zusammenarbeit und für Partnerschaftsprojekte mit deutschen Unternehmen (PPP) zur Verfügung – eine eher bescheidene Summe. Doch selbst das, klagt Niebel, sei manchen Kritikern noch zuviel. Tatsächlich mahnen Hilfsorganisationen immer wieder an: Armutsbekämpfung und private Wirtschaftsinteressen lägen oft in Konflikt, insbesondere was den Menschenrechtsschutz und ökologische und soziale Standards angeht. Kurz: Entwicklungspolitik als Außenwirtschaftsförderung sei höchst fragwürdig.
Autor
Johannes Schradi
war bis Frühjahr 2013 Berlin-Korrespondent von „welt-sichten“.Eifrig versucht das BMZ seit längerem, deutsche Unternehmen zu mehr Entwicklungsengagement zu bewegen. Eine Info-Servicestelle wurde eingerichtet; Machbarkeitsstudien in den Partnerländern wurden initiiert; das Programm für PPP-Projekte wurde ausgeweitet. Sogenannte „Entwicklungs-Scouts“ schwärmen in die Wirtschaftverbände aus, um für mehr Interesse zu werben; die KfW-Tochter Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) senkte die Schwelle für Kredite für Unternehmen, die in Entwicklungsländer investieren wollen, von fünf auf eine Million Euro, damit das Angebot auch für kleinere Firmen attraktiv wird.
Die deutschen Unternehmen sind zu zögerlich
Dazu liegt quer, was der frühere Bundespräsident und Afrika-Fürsprecher Horst Köhler auf derselben Tagung sagte, auf der auch Niebel sprach: Zwar fehle es nicht an einzelnen vorbildlichen Initiativen. Insgesamt engagierten sich die deutschen Unternehmen in den Entwicklungsländern aber zu zögerlich. Sie erwarteten zu oft perfekte Rahmenbedingungen, die es in armen Ländern nun einmal nicht gebe. Bei der so wichtigen Rohstoffsicherung habe Deutschland die internationale Entwicklung schlicht „verschlafen“. Klare Hinweise darauf, dass das Engagement deutscher Unternehmer die Armut mindern helfe, gebe es bisher allenfalls punktuell.
Wirklich in die Gänge kommt – wenn auch spät – neues entwicklungspolitisch relevantes Engagement der deutschen Wirtschaft am ehesten noch in der Rohstofffrage. Um im harten internationalen Wettbewerb mithalten zu können, haben deutsche Unternehmen eine „Rohstoffallianz“ ins Leben gerufen, unter ihnen große Konzerne wie Bayer, Bosch, Lanxess oder Thyssen-Krupp, aber auch einige größere mittelständische Unternehmen. Auf höchster Regierungsebene geschlossene Rohstoffpartnerschaften mit der Mongolei und Kasachstan sollen die Abhängigkeit von China beim Bezug von seltenen Erden und anderen für die deutsche High-Tech-Industrie unverzichtbaren, aber knappen mineralischen Bodenschätzen mindern. Rückendeckung hierfür gibt eit Ende 2010 auch ein Papier der Bundesregierung zur „Rohstoffstrategie“ (siehe welt-sichten 12-2010/1-2011).
Entwicklungsziele spielen keine Rolle
Ob solcher Tatendrang auch entwicklungspolitischen Kernzielen wie besserer Bildung, Gesundheitsversorgung oder Infrastruktur dient, ist allerdings fraglich. In den Vereinbarungen mit der Mongolei und Kasachstan blieben derlei Ziele unterbelichtet, merkt etwa eine neue Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) an. Gleiches gelte für die Menschenrechts- und Demokratiedefizite in Kasachstan und die Korruption in der Mongolei, wo allerdings das Entwicklungsministerium auf Besserung dringt. Vollen Rückhalt hat es dabei nicht, wie die Lobbyorganisation ONE anlässlich einer Tagung der Unionsfraktion zum Thema Rohstoffsicherung anmerkte: Bis heute hat Deutschland, anders als die meisten G20-Länder, die UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifiziert.
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