Kampfansage an den Heiligen Stuhl

Von Rom nicht autorisierte Bischofsweihen belasten derzeit das Verhältnis zwischen dem Vatikan und der chinesischen Regierung. Befürchtungen, dass die Katholische Kirche in China auseinanderbrechen könnte, mehren sich. Fachleute spekulieren sogar schon über eine Abspaltung von Rom.

Seit der Weihe des Priesters Guo Jincai zum Bischof der Diözese Chengde am 20. November vergangenen Jahres stehen die Zeichen auf Sturm. Die chinesischen Religionsbehörden hatten Guo Jincai als Kandidaten für das Bischofsamt durchgedrückt, obwohl Rom signalisiert hatte, dass man ihn nicht für geeignet halte. Im Juni und Juli dieses Jahres gab es zwei weitere nicht vom Vatikan autorisierte Bischofsweihen in den Diözesen Leshan und Shantou. Und weitere sollen folgen, hat die so genannte Patriotische Vereinigung bereits angekündigt. Sie ist die von der Religionsbehörde eingesetzte Organisation, die die katholische Kirche kontrolliert.

Autorin

Katja Dorothea Buck

ist Religionswissen- schaftlerin und Journalistin in Tübingen.

Nach offiziellen Angaben sind sechs Millionen Chinesen und Chinesinnen Katholiken. Daneben gibt es schätzungsweise noch einmal so viele, die nicht registriert sind – die so genannte Untergrundkirche. Während die Patriotische Vereinigung die Vorgaben aus Peking akzeptiert, wehren sich die Untergrundbischöfe und Untergrundpriester gegen jegliche staatliche Einmischung und erkennen nur den Papst als oberste kirchliche Autorität an. Allerdings spiele „für das normale Kirchenvolk“ diese Einteilung in offizielle und Untergrundkirche „keine so große Rolle“, sagt Pater Anton Weber vom China-Zentrum in Sankt Augustin. „Die Gläubigen wollen gute Katholiken sein, in den Gottesdienst gehen, die Sakramente empfangen und dem Papst und der Universalkirche die Treue halten.“

Der Vatikan hat deswegen in den vergangenen Jahren zunehmend auf eine Versöhnung hingearbeitet und zu den chinesischen Religionsbehörden gute Beziehungen aufgebaut. Auch die Behörden haben das in der Verfassung von 1982 festgeschriebene Prinzip, dass religiöse Aktivitäten in der Volksrepublik von keiner ausländischen Macht kontrolliert werden dürfen, zuletzt nicht mehr allzu streng ausgelegt. So war es bereits üblich geworden, dass nur Priester zu Bischöfen geweiht wurden, die sowohl die Zustimmung Pekings als auch des Papstes hatten.

Einige Experten erklären die einseitige Aufkündigung dieses stillen Abkommens mit der Verunsicherung vor dem anstehenden Machtwechsel sowohl an der Regierungsspitze als auch in der Kommunistischen Partei im kommenden Jahr. Andere sehen im arabischen Frühling eine Erklärung. Um nicht ähnliche Verhältnisse wie in Ägypten oder Tunesien zu bekommen, zieht die Regierung die Zügel in allen gesellschaftlichen Bereichen wieder straffer an. Spätestens seit der Unterstützung der Solidarnosc-Bewegung in Polen durch Papst Johannes Paul II. Anfang der 1980er Jahre fürchtet Peking das Potenzial der katholischen Kirche, Unruhe in der Bevölkerung zu stiften.

Den neuen Kurs der Religionsbehörden muss Rom als Kampfansage verstehen. Es ist einer der Grundpfeiler der katholischen kirchlichen Gemeinschaft, dass der Papst Bischofskandidaten ernennt. Die Weihen von Chengde, Leshan und Shantou stellen diese Autorität in Frage. Nach katholischem Kirchenrecht droht nicht autorisierten Bischöfen die Exkommunikation, ebenso den an der Weihe beteiligten Bischöfen. Allerdings muss ihnen nachgewiesen werden, bewusst und freiwillig in Opposition zum Papst gehandelt zu haben. Rom muss nun klären, ob dies der Fall war oder ob die Bischöfe unter Druck gesetzt wurden. „Der Vatikan wird in dieser Frage sehr vorsichtig sein und den jeweiligen Kontext genau prüfen“, sagt Pater Weber. Keiner könne ein Interesse daran haben, die Katholiken in China wieder in zwei Lager zu spalten.

Das Kirchenrecht kann in einem solchen Fall allerdings nicht einfach ausgehebelt werden. „Die Autorität eines Bischofs beruht in der katholischen Kirche auf dem durch die Weihe übertragenen Amt und dem Mandat des Papstes“, erklärt Weber. Zweifel an der Autorität eines Bischofs würden unter den Priestern und Gläubigen für Unruhe und Verunsicherung sorgen. Es ist deshalb noch nicht absehbar, welche Folgen die nicht autorisierten Bischofsweihen auf den Katholizismus in China haben werden. In einigen italienischen Medien wurde spekuliert, die chinesische katholische Kirche könnte sich von Rom abspalten. Diese Gefahr sieht Weber nicht: „Die Patriotische Vereinigung ist nicht die Kirche. Das sind die Gläubigen und die würden so etwas nicht wollen.“

 

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erschienen in Ausgabe 9 / 2011: Rüstung: Begehrtes Mordgerät
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