Vor der Sommerpause einigten sich die Mitgliedsländer der Europäischen Union im Grundsatz darauf, die von den Parlamentsausschüssen im April geänderte Vorlage zur Vergabe von staatlichen Exportkrediten anzunehmen. Die Vorlage übernimmt die Richtlinien der OECD, nach denen die Staaten Rechenschaft über Kredite und Bürgschaften ablegen sollen, mit denen sie Unternehmen bei riskanten Geschäften im Ausland unterstützen. Der EU-Ministerrat könnte bereits im kommenden Oktober über die geänderte Vorlage entscheiden, sollte das Parlament wie vorgesehen Mitte September seine Stellungnahme verabschieden.
Autor
Heimo Claasen
ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".Das Feld der staatlichen Kreditgarantien ist politisch heikel, weil damit Projekte und Geschäfte abgesichert werden, die Banken und Versicherungen ohne staatliche Bürgschaft als zu riskant ansehen – bis hin zu Atomkraftwerken und Waffenlieferungen. Entsprechend undurchsichtig ist dieser Bereich – und zu unterschiedlich sind infolgedessen nach Maßgabe der EU-Wettbewerbsregeln die Kriterien, nach denen die EU-Regierungen derlei Bürgschaften übernehmen. Denn natürlich bevorzugen sie dabei ihre eigenen Unternehmen. Die EU-Kommission hatte deshalb vor fünf Jahren vorgeschlagen, die Bedingungen für die staatlichen Kreditgarantien zwischen den EU-Ländern anzugleichen. So wie die OECD-Richtschnur enthielt freilich auch die Vorlage der Kommission nur eine weiche Empfehlung an die Staaten, den EU-Instanzen zu berichten, wie sie diese Bedingungen erfüllen.
Aufgrund der zunehmenden Besorgnis in Brüssel über den sicheren Zugang zu vor allem mineralischen Rohstoffen kam Ende 2010 Fahrt in den Vorgang. Projekte im Bergbau und bei der Energiegewinnung sowie die erforderliche Infrastruktur für den Abtransport in möglicherweise konfliktreichen Gebieten sind typische Beispiele für langfristige und große Vorhaben, die ohne staatliche Absicherung zu teuer wären, weil Banken und Versicherungen von den Unternehmen stattliche Risikoaufschläge verlangen würden. Deshalb musste auch die hastig vorangetriebene „Rohstoff-Initiative“ der EU, die die Kommission Anfang des Jahres aktualisiert hat (siehe asten), um Regeln zur Exportkreditvergabe ergänzt werden.
Die EU-Parlamentarier, die die fünf Jahre alte Vorlage der Kommission erst gegen Jahresende 2010 überhaupt zu Gesicht bekamen, nutzten die Eile, die die Angelegenheit plötzlich hatte, und legten schon im April eine Stellungnahme vor, die von den EU-Mitgliedern eine erheblich umfangreichere Berichterstattung zu ihren Exportkrediten verlangt als die Vorlage der Kommission.
So sollen die Regierungen mehr finanztechnische Details wie auch mögliche Risiken der geförderten Geschäfte offenlegen, einschließlich mögliche Umweltkosten und Schadenersatzforderungen von Betroffenen in den Projektgebieten. Zudem will das Parlament die Staaten dazu verpflichten, bei der Vergabe von Kreditgarantien die entwicklungspolitischen Ziele der EU zu beachten, etwa zur Armutsbekämpfung, zum Umweltschutz, zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Vermeidung von Korruption. Die von der EU-Kommission vorgesehene Empfehlung an die Staaten, Berichte abzugeben, soll nach dem Willen des Parlaments zu einer verbindlichen Pflicht werden.
Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch und das NGO-Netzwerk Eurodad zeigten sich hocherfreut über die Position des Parlaments. Die EU könne und müsse nun dafür Sorge tragen, dass die nationalen Exportkreditagenturen wie zum Beispiel die deutsche Hermes geltenden Verpflichtungen aus Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) oder der Vereinten Nationen nachkommen. Gerade bei Großprojekten, die ohne staatliche Kreditsicherung meist nicht durchführbar wären, könne man sich nicht darauf verlassen, dass die privaten Projektbetreiber sie aus freien Stücken einhalten.
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