Human Security Project
Human Security Report 2012
Sexual Violence, Education, and War: Beyond the Mainstream Narrative
Vancouver 2012, 239 Seiten,
www.hsrgroup.org
Vergewaltigung wird in vielen Bürgerkriegen zunehmend als systematische Waffe benutzt – so lautet jedenfalls die Einschätzung vieler UN- und Hilfsorganisationen. Die Wissenschaftler vom kanadischen Projekt Human Security Report plädieren in ihrem diesjährigen Bericht für einen differenzierteren Blick – und andere Hilfsangebote.
Zwar gebe es zweifellos Fälle, in denen Vergewaltigungen als strategisches Mittel eingesetzt worden seien, um den Gegner zu demoralisieren, schreiben die Autoren des Berichtes. Dazu zählen die Bürgerkriege in der Demokratischen Republik Kongo, Sierra Leone und Bosnien. Sie seien aber die Ausnahme, nicht die Regel. Darüber hinaus existierten keine Erkenntnisse darüber, dass diese Form der Kriegsführung sich ausbreite. Laut der gängigen Ansicht werde sexuelle Gewalt in Kriegszeiten vor allem von Rebellen, Regierungssoldaten oder Milizen ausgeübt. Gefördert werde diese Sichtweise von den Medien, die sich in ihren Berichten vor allem auf Massenvergewaltigungen, Verstümmelungen und schockierende sexuelle Übergriffe konzentrieren.
Die häusliche Gewalt hingegen werde fast völlig ausgeblendet, obwohl sie in Kriegsgebieten weit mehr Opfer fordere, beklagen die Wissenschaftler. Mit verheerenden Folgen: Frauen, die von Verwandten oder Freunden vergewaltigt werden, erhielten deshalb auch kaum Unterstützung. Die humanitäre Hilfe komme in erster Linie den Überlebenden von Vergewaltigungen zugute, die in Zusammenhang mit dem Konflikt stehen. Ebenfalls unterschätzt werde das Ausmaß der sexuellen Gewalt gegenüber Männern. Weltweit kümmerten sich mehr als 4000 Hilfsorganisationen um Opfer sexueller Gewalt in Konflikten, lediglich drei Prozent erwähnten in ihren Informationsmaterialien, dass dazu auch Männer zählen könnten. Entsprechend gering ist die Zahl der Hilfsangebote. (gka)
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