Mit dem Dezember beginnt die Saison. So sagen es manchmal Kirchenleute mit Blick in ihre Kalender. Zu den Sonntagen im Advent und Weihnachten kommen je nach Konfession und Region noch weitere Brauchtumstage dazu. Doch auch im säkularen Kalender finden sich Tage, die Aufmerksamkeit verdienen. Tage, die neue Impulse geben, die dazu beitragen, die Wochen vor Weihnachten bewusster wahrzunehmen und ihrer Sinnentleerung entgegenwirken. Es sind die Themen- und Gedenktage der Vereinten Nationen. Viele gibt es davon über das ganze Jahr verteilt und nicht immer liegt ihre Bedeutung auf der Hand. Im Dezember aber sind einige Schwergewichte dabei.
Der 1949 für den 2. Dezember ausgerufene Tag für die Abschaffung der Sklaverei reicht am weitesten in die Geschichte der Vereinten Nationen zurück, gleich gefolgt von dem wohl am meisten beachteten Tag der Menschenrechte, der seit 1950 am 10. Dezember begangen wird. Dies ist zugleich seit 1901 der Tag des Friedensnobelpreises, der an diesem Tag verliehen wird. Neueren Datums sind seit 1985 am 5. Dezember der Tag der Freiwilligen für wirtschaftliche und soziale Entwicklung – in Deutschland auch als Tag des Ehrenamts bekannt – sowie seit 1992 der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember oder der Tag der Migranten am 18. Dezember.
Autor
Jürgen Thiesbonenkamp
war bis 2014 Vorstandsvorsitzender der Kindernothilfe in Duisburg.Diese Tage bedienen keineswegs nur Einzelinteressen. Sie öffnen vielmehr die Augen für gesellschaftliche und politische Probleme und regen dazu an, zu ihrer Lösung beizutragen. Zu Recht wird deshalb das ehrenamtliche Engagement mit einem eigenem Gedenktag bedacht. Es ist das „Lebenselixier“ unserer Gesellschaft, wie es der frühere Bundespräsident Horst Köhler einst bei einer Würdigung engagierter Bürgerinnen und Bürger formuliert hat.
Der dritte Freiwillingensurvey (1999-2009), eine Studie der Bundesregierung, die ehrenamtliches Engagement in Deutschland misst, weist aus, dass sich mehr als jeder Dritte ab 14 Jahren freiwillig engagiert. Meistens handelt es sich dabei um einen längerfristigen Einsatz in Verbänden, Vereinen, Kirchen oder öffentlichen Einrichtungen. Die Bereitschaft, ehrenamtlich Aufgaben zu übernehmen, ist über die Jahre konstant geblieben, und doch hat sich das Engagement teilweise verändert: Die Freiwilligen erwarten zunehmend, dass ihr Engagement auch ihnen selbst nützt. Sie möchten nicht nur geben, sondern durch Fortbildungen und Qualifikationen im Rahmen ihres Ehrenamts einen zusätzlichen Lebensgewinn erhalten.
Zugleich ist vielen nicht mehr so wichtig, als Freiwillige in einem Amt zu Ehren zu kommen – auch wenn das alte Bild des ewigen Vereinsvorsitzenden, der sich mit Haut und Haaren in seine Aufgabe einbringt und darin geachtet werden will, noch stark die Vorstellung des Ehrenamts prägt. Neuere Trends in der Freiwilligenarbeit haben dieser Entwicklung Vorschub geleistet. Zeitlich und sachlich begrenzte Projekte stehen mittlerweile im Vordergrund, nicht lebenslange Aufgaben. Was man tut, soll Sinn stiften, soziale Kontakte stärken und auch Spaß machen. Da kommt vieles zusammen, was insgesamt das zivilgesellschaftliche Engagement ausmacht.
Viele der in der Entwicklungszusammenarbeit tätigen Hilfswerke sind von Ehrenamtlichen gegründet worden. Sie sind bis heute neben aller Professionalität ihrer hauptamtlichen Mitarbeiter auf die ehrenamtliche Begleitung und Unterstützung angewiesen. Dies gilt auch für viele Projekte und Programme in den Partnerländern, bei denen die Stärkung der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle spielt. Oft birgt der freiwillige Einsatz Risiken, gerade auch beim Engagement für Menschenrechte. Die Zivilgesellschaft braucht Zivilcourage.
Denn die Menschenrechte einzufordern und durchzusetzen ist keine Aufgabe für Profis allein, sondern lebt von der Motivation engagierter Männer und Frauen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Der Sinn von Themen- und Gedenktagen ist es, die Netzwerke und den Erfahrungsaustausch dieser Menschen zu stärken. Dazu können die Kirchen in ihrer ökumenischen Verantwortung viel beitragen. Sie tun es auch, gerade im Advent als Hoffnung, dass eine andere Welt möglich ist.
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