Die EU-Politik in der Sahel-Region in der Sackgasse

Die vor anderthalb Jahren verabschiedete Sahelpolitik der EU liegt in Scherben. Grund dafür sind der Putsch in Mali und die Eskalation der gewaltsamen Rebellion im Norden des Landes. Nun versucht Brüssel in der von Hunger heimgesuchten Region das Schlimmste zu verhindern.

Nach zwei Jahren Vorbereitung hatte der auswärtige Dienst der EU Anfang 2011 eine „Strategie für Sicherheit und Entwicklung in der Sahelzone“ vorgestellt. Eine erste Phase sollte auf Mauretanien, Niger, Mali und Algerien zielen, die als besonders „fragil“ angesehen wurden. Die Strategie sieht 705 Millionen Euro für den Ausbau der Justiz und die Ausbildung von Sicherheitskräften vor sowie für Infrastruktur wie Wasserversorgung, Straßen und Vorratslager in der Landwirtschaft, um die Ernährungssicherheit zu erhöhen. Beachtliche 85 Millionen Euro sollen die vier Staaten sowie Regionalorganisationen – vornweg die westafrikanische ECOWAS – für Sicherheit und Terrorismusbekämpfung erhalten. Im Dezember vergangenen Jahres hatten die Außenminister der vier Länder mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton darüber in Brüssel verhandelt.

Autor

Heimo Claasen

ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".

Der Putsch in Mali und die Rebellion im Norden des Landes haben die EU-Strategie nun in Frage gestellt. Die im Norden von Niger und Mali operierenden Rebellen wurden von Brüssel als disparate Gruppen von Schmugglern und Banditen, al-Qaida-inspirierten islamistischen Terroristen und traditionell nach Autonomie strebenden Tuaregstämmen gesehen. Gerade der Versuch der früheren Regierung von Mali, den Norden des Landes militärisch zu sichern, ist nach hinten losgegangen. Die Militärs, zu wenige und zu schlecht ausgestattet, gaben den Norden auf und besetzten stattdessen am 22. März die Regierungsbauten in der Hauptstadt Bamako.

Am Tag nach dem Putsch setzte der EU-Ministerrat die Entwicklungszusammenarbeit mit Mali vorerst aus und forderte die EU-Kommission und den auswärtigen Dienst dazu auf, die Sahel-Strategie beschleunigt durchzuführen. Eine Ende April in der ECOWAS-Zentrale in Nigerias Hauptstadt Abuja eingerichtete Verbindungsstelle des Militärstabs von Ashtons Amt prüft seither, ob und wie die EU den Einsatz einer ECOWAS-Truppe von 3000 Soldaten in Mali finanzieren könnte.

Für den Niger wiederum soll bis Juli ein „Krisenmanagementkonzept für eine zivile Mission“ der EU fertig werden, um dort die Polizei und die Nationalgarde im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität zu unterstützen. Nigers Premierminister Brigi Rafini kam dazu Anfang Juni nach Brüssel und bekam von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso das Versprechen, die EU-Mission werde noch vor Ende Juli in Gang kommen.

Die EU prüft die Finanzierung einer ECOWAS-Truppe in Mali

Derweil muss die humanitäre Hilfe der EU einspringen. In diesem und im nächsten Jahr werden über die Nothilfeorganisation EuropeAid mehr als 200 Millionen Euro aus laufenden EU-Programmen und dem Europäischen Entwicklungsfonds für Soforthilfen sowie zusätzliche 165 Millionen Euro für Infrastruktur zur Ernährungssicherheit und für die Landwirtschaft in der Sahelregion bereitgestellt.

Allerdings kann in der derzeit unsicheren Lage nicht einmal Nothilfe geleistet werden, ganz zu schweigen von längerfristigen Projekten zur Ernährungssicherung. Brüssel versucht derzeit auf allerlei Kontaktwegen, wenigstens zeitweise sichere Korridore zum Transport von Hilfsgütern zu schaffen.

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erschienen in Ausgabe 7 / 2012: Konzerne: Profit ohne Grenzen
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