Man hört so gut wie nichts mehr von Nepad und dem APRM. Gibt es diesen innerafrikanischen Reformprozess überhaupt noch?
Dass das, was sich nach wie vor tut, hierzulande nicht mehr wahrgenommen wird, heißt keineswegs, dass der Prozess tot wäre. Das ist ein falscher Eindruck.
Es gibt unterschiedliche Signale aus Afrika. Zum Beispiel gilt Ghana als Land, das beim APRM gut vorankommt, während Äthiopien die Ziele schlecht umgesetzt haben soll.
Nicht überall lässt die Politik schon gleich viel zu, das ist wahr. Aber tendenziell öffnen sich die teilnehmenden Länder einem kritischen Diskurs und einer kritischen Selbstbewertung. Der gesellschaftliche Lernprozess läuft. Hier ist eben der Weg das Ziel.
Rund 30 von über 50 afrikanische Staaten haben sich in den letzten zehn Jahren zum APRM bekannt, aber nur 15 sind aktiv daran beteiligt.
Es ist doch schön, dass es schon 15 sind! Man muss doch sehen, woher die Länder kommen: Viele waren Militärdiktaturen oder Einparteienstaaten. Dass sich alle über Nacht demokratischen Strukturen öffnen, wäre doch blauäugig.
Bietet der APRM-Prozess also weiter gute Reform- und Entwicklungspotenziale?
Ganz gewiss. Zumal er selbst gerade reformiert wird, das heißt einfacher und damit auch effektiver organisiert werden soll. Nepad ist zudem inzwischen integraler Bestandteil der politischen Agenda der Afrikanischen Union. Auch das ist ein großer Fortschritt.
Warum kommen dann Nepad und der APRM im Afrika-Konzept der Bundesregierung von 2011 nicht mehr vor?
Dass der APRM in diesem Konzept fehlt und der G8-Afrika-Aktionsplan von vor zehn Jahren keinerlei Rolle mehr spielt, ist mir völlig unbegreiflich. Man guckt einfach nicht hin. Das gilt leider nicht nur für die Regierung, sondern auch fürs Parlament. Soweit der Prozess auf afrikanischer Seite Defizite hat, sollten sich die G8-Staaten auch mal an die eigene Nase fassen. Sie hatten versprochen, den ganzen Prozess zu unterstützen. Das hält zumindest die Bundesregierung nicht ein. Auch nicht gegenüber denen, die ernst machen. Nicht der Peer-Review-Prozess ist tot, sondern seine Unterstützung. Da läuft etwas grundsätzlich schief.
Das Gespräch führte Johannes Schradi.
Uschi Eid,
Entwicklungspolitikerin der Grünen und frühere Staatssekretärin im Entwicklungsministerium
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