Rohstoffe fürs Ländle

Arbeiter in einer Kobaltmine.
picture alliance / AA/Augustin Wamenya
Arbeiter, darunter auch Frauen und Kinder, arbeiten am 14. Juli 2023 in einer Kobaltmine im Rahmen des so genannten „handwerklichen“ Kleinbergbaus, der unter sehr schlechten Bedingungen, ohne jegliche Vorsichtsmaßnahmen und ohne jegliche Kontrolle durch eine Behörde im Gebiet von Mwenga in der Provinz Süd-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo durchgeführt wird.
Global Lokal
Wie kann Baden-Württemberg seinen Verbrauch an Rohstoffen global nachhaltig gestalten? Der Rat für Entwicklungszusammenarbeit des Landes will zu dieser Frage die Landesregierung, die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft ins Gespräch bringen.

Klar ist: In den kommenden Jahren werden noch mehr metallische Rohstoffe gebraucht – so wegen Digitalisierung und Energiewende vor allem Lithium, Kupfer und Kobalt. Sie sind unverzichtbar, um beispielsweise Akkus für E-Autos herzustellen. Der Abbau von Rohstoffen ist aber teilweise hochproblematisch. Sie werden großenteils aus Ländern des globalen Südens bezogen. So lagern in der Demokratischen Republik Kongo rund die Hälfte der weltweiten Vorkommen an Kobalt. Häufig müssen Kinder unter katastrophalen Bedingungen das Metall in Kleinminen abbauen. Arbeitsunfälle sind an der Tagesordnung, und während weltweit Unternehmen mit dem unscheinbar aussehenden silbrigen Metall große Geschäfte machen, verbleiben die Menschen im Kongo in Armut.

Baden-Württemberg ist mit seiner Autoindustrie und einem ausgeprägten Maschinenbau auf solche Rohstoffe besonders angewiesen. Die Frage der Rohstoffe hat deshalb der Rat für Entwicklungszusammenarbeit des Landes als Thema für 2024 und 2025 ausgewählt. Das Gremium besteht aus an der Eine-Welt-Arbeit im Bundesland Beteiligten und berät die Landesregierung. Mit seiner Initiative will er im Gespräch mit der Landesregierung und mit Unternehmen neue Wege anregen. 

Handlungsempfehlungen an die Landesregierung

Derzeit ermittelt das Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) in Heidelberg, woher das Bundesland ausgewählte metallische Rohstoffe bezieht und wie hoch der Bedarf ist. Das Umweltministerium in Stuttgart finanziert die Studie. Wenn die Ergebnisse vorliegen, werden der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB) und die Werkstatt Ökonomie Kontakt zu Partnern in den Abbauländern des globalen Südens aufnehmen, um die menschenrechtlichen und ökologischen Probleme des Rohstoffabbaus speziell für Baden-Württemberg aufzuzeigen. Gemeinsam mit diesen Partnern sollen dann Handlungsempfehlungen an die Landesregierung erarbeitet werden, wie Baden-Württemberg seiner globalen Verantwortung beim Thema Rohstoffe besser gerecht werden kann. Im Netzwerk Rohstoffgerechtigkeit Baden-Württemberg haben sich weitere Akteure wie zum Beispiel die Volkshochschule Ulm, die Evangelische Akademie Bad Boll und der Landesjugendring  zusammengetan, um das Thema voranzutreiben. 

Bei dem Thema stehe bei uns meistens die Frage im Vordergrund, wie Deutschland sich zentrale Rohstoffe für seine Industrie sichern könne, meint Gunne D. Guntsetseg, eine der beiden Geschäftsführerinnen des DEAB. Weniger beachtet werde, welche Risiken der Rohstoffabbau für die Menschen vor Ort habe und welche ökologischen Nachteile es gebe. Für die Landesregierung seien solche Fragestellungen „Neuland“, bisher habe es dazu noch keinen Austausch gegeben, so Guntsetseg. Bei Unternehmen hingegen beobachte sie durchaus die Bereitschaft, sich um eine nachhaltige Produktion entlang ihrer Lieferketten zu bemühen.

Die Initiative kommt zu einer Zeit, in der angesichts der Krise der deutschen Wirtschaft die Bereitschaft der Politiker schwindet, die Folgen unseres Wirtschaftens für die Länder des globalen Südens zu bedenken. Bundeskanzler Scholz hatte im Oktober die Abschaffung des Lieferketten-Sorgfaltspflichtgesetzes (LkSG) bis zum Jahresende angekündigt; es solle durch die im Mai verabschiedete EU-Lieferkettenrichtlinie ersetzt werden, die für weniger Unternehmen gilt. Doch vom aktuellen Gegenwind will man sich beim DEAB nicht bremsen lassen. „Zukunftsfähig handeln heißt, für die nächste Generation einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen“, sagt Guntseseg. Darum sollte man sich trotz Wirtschaftskrise mit dem Thema befassen.

"Aufpassen, dass es keinen ‚backlash‘ gibt" 

„Die Zivilgesellschaft muss gerade aufpassen, dass es keinen ‚backlash‘ gibt“, sagt Felix Roll von der Werkstatt Ökonomie. Roll ist Fachpromotor für nachhaltige öffentliche Beschaffung und Unternehmensverantwortung in Baden-Württemberg. Dank der Intervention aus der Zivilgesellschaft ist es immerhin in Baden-Württemberg gelungen, globale Aspekte in der überarbeiteten, im Februar 2024 verabschiedeten Landesstrategie Ressourceneffizienz unterzubringen. Darin bekennt sich die Landesregierung dazu, Unternehmen darin zu unterstützen, die „Nachhaltigkeit und Transparenz ihrer Lieferketten zu verbessern“. Darüber hinaus spielten „auch die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards bei der Gewinnung von Rohstoffen eine Rolle“, heißt es in der Strategie.

An solche Bekenntnisse könne man anknüpfen, sagt Felix Roll. Die Senkung des Rohstoffverbrauchs und Anreize zu einer Kreislaufwirtschaft seien wichtige Lösungsansätze. Gleichzeitig müsse die Landesregierung aber Unternehmen stärker darin unterstützen, Sorgfaltspflichten durchzusetzen, etwa mit Beratungsangeboten. Sie solle auch soziale und ökologische Kriterien beim Einkauf der öffentlichen Hand berücksichtigen. „Das wäre ein wichtiger Hebel, der aber nicht genutzt wird.“ 

Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Rapp (CDU) wird bei der DEAB-Herbstkonferenz am 11. November sprechen und ein Gespräch mit Wirtschaftsministerin Nicole Hofmeister-Kraut (CDU) ist für Ende November anvisiert. „Immerhin gibt es die Bereitschaft, sich mit uns zu treffen“, resümiert Felix Roll.

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