Erfreulich ist an der Umschuldung für das westafrikanische Land zum einen, dass die größte Gruppe der privaten Gläubiger nicht besser wegkommt als die staatlichen Kreditgeber – nämlich Besitzer ghanaischer Staatsanleihen, vor allem Investmentfonds wie Black Rock, die mehr als zwei Fünftel aller Auslandsschulden Ghanas halten. Zum anderen haben sich Ghana und die Gläubiger relativ schnell geeinigt. Beides war im Fall von Tschad und Sambia, die vorher den Prozess unter dem Rahmenwerk der G20 für den Umgang mit untragbaren Staatsschulden (Common Framework) durchlaufen hatten, noch anders. Das im Jahr 2020 eingeführte Rahmenwerk funktioniert nun anscheinend besser.
Dennoch überzeugen genau betrachtet weder das Verfahren noch das Ergebnis wirklich. Ghana stellte Ende 2022 die Bedienung der Auslandsschulden größtenteils ein und beantragte Erleichterungen unter dem Common Framework. Dieses sieht vor, dass zunächst der Internationale Währungsfonds (IWF) den Umfang der nötigen Schuldenerleichterung ermittelt und Übergangshilfe gibt. Der IWF ist damit selbst Kreditgeber, und in seinen Leitungsgremien bestimmen die Industrieländer.
Hilfe mit Sparzwang
Der IWF bewilligte Ghana im Mai 2023 Übergangshilfe unter üblichen Bedingungen – etwa der, dass Ghanas Staatshaushalt bereits 2025 einen Überschuss aufweisen muss. Ghana muss also Staatsausgaben kürzen, Steuern erhöhen oder beides. Darüber hinaus drängte der IWF darauf, vor Verhandlungen über die Auslandsschulden die Verschuldung im Inland zu senken, obwohl die gar nicht in Devisen bedient wird. Damit müssen ghanaische Banken oder auch Ghanaer, die Staatsanleihen als Alterssicherung halten, auf einen Teil ihrer Forderungen an den Staat verzichten, sie verlieren also Vermögen. Banken können als Folge weniger Kredite an Firmen vergeben. Diese Bedingungen des IWF behindern die Erholung der Wirtschaft und belasten die Bevölkerung Ghanas, um den Erlassbedarf für ausländische Gläubiger zu verringern oder ihnen, im Fall der Inlandsschulden, Wohlverhalten zu signalisieren.
Auf Grundlage der IWF-Einschätzung einigte sich Ghana dann Anfang 2024 mit den staatlichen Gläubigern, darunter auch Deutschland, auf eine Umschuldung, die einen Erlass von rund einem Drittel ihrer Forderungen entspricht. Vorausgesetzt aber, so verlangt es das Common Framework, dass Ghana selbst mit den privaten Gläubigern einen vergleichbaren Nachlass aushandeln könnte. Das ist nun gelungen – jedenfalls mit den ausländischen Besitzern ghanaischer Staatsanleihen. Gegen eine Klausel, wonach diese bei hohem künftigem Wirtschaftswachstum einen Aufschlag erhalten, hat Ghana sich erfolgreich gewehrt.
Das Land hat offenbar geschickt verhandelt. Zudem hat es nur wenig Schulden bei China, das sich gegen Erlasse sträubt. Rund 12 Prozent halten allerdings private Banken, und mit denen hat Ghana (noch) keine Umschuldung vereinbart. Multilaterale Kreditgeber wie die Weltbank und der IWF sind aufgrund ihres Sonderstatus ohnehin außen vor. Umfassend ist die Lösung also nicht.
Kein Polster für künftige Schocks
Zudem ist unklar, ob sie die Schulden Ghanas auf ein tragbares Maß verringert. Das Bündnis erlassjahr.de bemängelt, der IWF habe in die Bedarfsrechnung dafür kein Polster für Schocks von außen eingerechnet wie zum Beispiel Turbulenzen und Preisschwankungen im Außenhandel – der Erlass sei quasi auf Kante genäht.
Was lehrt uns das über das Common Framework? Erfreulich ist, dass damit die Lösung von Schuldenkrisen in Entwicklungsländern nicht mehr, wie noch bis in die 1990er Jahre, endlos verschleppt wird. Und das Verfahren kann helfen, dass private Gläubiger Zugeständnisse machen. Ghana hat ein Beispiel gegeben, dass man sich von denen nicht erpressen lassen muss.
Schlecht bleibt aber: Die G20 zwingen private Gläubiger weiterhin zu nichts. Was die erlassen, hängt vom Verhandlungsgeschick und von der Ausgangsposition des Schuldnerlandes ab. Darüber hinaus verlangen private Gläubiger von Entwicklungsländern hohe Zinsen – für Ghanas Anleihen waren es 7 bis 11 Prozent –, um das Ausfallrisiko zu decken. Dann sollten sie auch gezwungen werden, das Risiko tatsächlich zu tragen und deutlich höhere Verluste hinzunehmen als staatliche Kreditgeber.
Zudem ist für ein Schuldnerland nach wie vor nicht absehbar, ob ein Verfahren unter dem Common Framework schnell und spürbar Erleichterungen bringt. Den Bedarf bestimmt der IWF, und darüber feilschen dann verschuldete Länder einzeln erst mit dem Zusammenschluss von staatlichen und dann von privaten Gläubigern; Ausgang offen. Das Rahmenwerk ist kein Ersatz für ein Staateninsolvenzverfahren vor einer neutralen Instanz wie den UN. Einer seiner Zwecke ist sogar, ein solches zu verhindern: Die G20 sowie der IWF wollen die Kontrolle über Entschuldungen behalten. Das Ergebnis ist weder gerecht noch eine echte Lösung der Schuldenkrisen, die im System der globalen Finanzordnung wurzeln, sondern bloß ein Ersatz dafür.
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